Die meisten Menschen des abendländischen Kulturkreises — einerlei welcher Religionsgemeinschaftsie zugehören — wissen nichts von der Möglichkeit, hier schon, während des irdischen Lebens, den substantiellen geistigen Organismus, der uns nach der Beendung erdenkörperlichen Daseins allein noch Bewußtseinsträger ist, zur Erlebnisfähigkeit zu entfalten.
Andere haben wohl von solcher Entfaltungsmöglichkeit gehört, — wenn auch von fragwürdigster Seite her, — und vermögen es nicht, daran zu glauben.
Noch andere endlich ahnen, daß die auf eigenes Erleben gegründete Kenntnis der nicht mit erdenkörperlichen Organen erfahrbaren Welt: — der Welt des ewigen Geistes — möglich ist, und suchen vergeblich nach einer „Methode” um zu solcher Kenntnis zu gelangen.
Weit verbreitet ist unter diesen Suchenden der Glaube, als handle es sich bei dem Ziel ihres Suchens um eine „Vergeistigung”, — und da sie nichts anderes an sich kennen, als ihre erdenkörperlich bedingte Art des Daseins, so glauben sie ihrem Ziele am ehesten sich zu nähern durch eine vermeintliche Vergeistigung des Erdenleibes.
Dieser arme Erdenleib aber ist zwar nur im Leben durch den Geist, kann aber niemals Geist werden.
Da man nun sehen muß, daß er sich gegen die ihm ungemäße Zumutung auf seine Weise wehrt, so strebt man danach, ihn zu „überwinden” und hält es für seine Besiegung, wenn man des geistbelebten Körpers beste Kräfte endlich „abgetötet” zu haben meint.
Die in solcher „Abtötung” besonders Gewaltsamen gelten nun als die am meisten „Vergeistigten”, und sie selbst werden in diesem Wahn vor sich bestärkt durch die Halluzinationen und sonstigen vermeintlichen „Begnadungen”, die in Wahrheit nichts anderes sind, als Folgen der dem Körper ungemäßen, feineren oder gröberen Folterung.
Die Geschichte aller Religionssysteme ist reichlich bedacht mit Beispielen solcher Sinnverkehrung, und leider auch mit Zeugnissen ihrer Verherrlichung.
So sehr der Mensch aber auch bewundern mag, daß einer seinesgleichen den Mut zur Selbsttortur zu finden wußte, so wenig ist solches Unmenschentum bewunderungswürdig.
Wir Menschen hier auf Erden sind weder dazu im Leben, um nur das, was des Tieres an uns ist, zu pflegen, und uns durch die Lustsucht, oder die Bequemlichkeitsliebe des tiergleichen Körpers bestimmen zu lassen, noch haben wir die Aufgabe, die Tiernatur in uns zu quälen.
Wohl aber handeln wir richtig, wenn wir den erdenhaften Körper dazu erziehen, Ausdruck des uns belebenden substantiellen Geistes zu werden.
Dazu ist aber alles andere eher tauglich, als Selbstquälerei und Körpertortur!
Ich rede hier nicht etwa wie einer, der seinem Körper nichts zu versagen vermag.
Vor Zeiten einst selbst der Meinung verbunden, „Fasten und Kasteien” sei „gottwohlgefälliges” Tun, hielt ich viele Jahre lang nicht nur die vorösterliche vierzigtägige Fastenzeit weit strenger als ein Büßermönch, sondern wußte es auch zu anderen Zeiten durchzuführen, mich tagelang jeder Nahrung, außer Quellwasser, zu enthalten.
Es mag in solchen Künsten Geübtere geben, und ich lasse ihnen gewiß gerne jeden Vorrang, denn mit meinem Erwachen im Erleben des substantiellen, ewigen Geistes, ist mir jeglicher Ehrgeiz auf dem Gebiet der Askese abhanden gekommen.
Ich weiß seitdem, daß alle Motive asketischen Lebens auf folgenschweren Irrtümern beruhen, — ja, daß es nur eine einzige Berechtigung zur Askese gibt: — ihre Forderung durch die Therapeutik, zum Heile des Erdenkörpers selbst. —
Dahin gehört auch die persönliche Neigung Einzelner zu frugaler oder gar spartanisch-strenger Lebenshaltung, solange diese nur durchgeführt wird um — vermeintlich oder tatsächlich — die Gesundheit und das Gedeihen des irdischen Körpers zu fördern.
Sobald jedoch das Motiv solcher Lebenshaltung aus der Meinung erwächst, asketisches Leben könne dem ewigen Geiste näherbringen, ist sie verwerflich.
Was die Athleten der Askese für „Erlebnisse im Geistigen” halten, ist, ohne jegliche Ausnahme, recht bedenklicher Natur!
Entweder handelt es sich dabei um Reaktionen des geschwächten Körpers auf das Gehirn, oder aber: der mißhandelte Körper ist schon zur Beute lemurischer Gewalten der unsichtbaren physischen Welt geworden, die ihr armes Opfer gutwillig nicht mehr loslassen, es aber mit allem zu „unterhalten” suchen, was sich ihnen geeignet erweist, seine Kritikfähigkeit nicht aus ihrem Schlaf zu erwecken…
Was der Getäuschte dann für ein Erleben des Geistigen hält, ist Nervenerregung, und gespenstiger Spuk recht wenig erfreulicher, ihrer Natur nach dem körperlichen Auge unsichtbarer Halbtierwesen, die zur physischen Welt gehören, auch wenn sie durch kein Ultramikroskop jemals „nachgewiesen” werden können.
Über ihre Lebensauswirkung, ihre naturhaft geforderte Betätigung, wie über deren perverses Ausarten, durch Anreize von seiten des Erdenmenschen her, habe ich in verschiedenem Zusammenhang die deutlichsten Aufklärungen in meinen Büchern gegeben.
Wer etwa glauben sollte, es erübrige sich, solche Dinge ernsthaft zu erörtern, der ahnt nicht, wie viele seiner Mitmenschen in den Fußangeln der unsichtbaren physischen Wesen hängen, von denen hier die Rede ist. —
Aber nicht nur vor der asketischen Selbstpeinigung des Erdenleibes und den aus ihr erwachsenden psychischen Gefahren habe ich zu warnen, sondern auch vor einer anderen Art Selbstquälerei zu der viele Suchende neigen.
Es sind durchaus nicht die Schwächlichsten der zum Lichte Strebenden, die am meisten in Gefahr sind, ihre Kräfte zu überschätzen!
Aus solcher Überschätzung heraus meinen sie ihren Weg in wilden Sprüngen zurücklegen zu dürfen, und bilden sich allen Ernstes ein, in wenigen Monaten schon das Ziel erreichen zu können, zu dessen Erlangung Andere viele Jahre, — öfters gar ein ganzes Menschenleben, — brauchten.
Die tobende Ungeduld des Gehirnbewußtseins, ehestens erfahren zu wollen, wie das Erleben des substantiellen ewigen Geistes empfundenwerde, erzeugtdann eine Unrast, die nur dem psychischen wie dem physischen Leben schwere Schädigung bringen kann, aber niemals zu dem führt, was man, verquält und fast verzweifelnd, erstrebt. —
Bei dieser Art von Suchenden besteht die unnötige Selbstquälerei in einem unausgesetzten Zermartern des Gehirns, das doch gerade zur Ruhe gelangen muß, und zu bewußtem geduldigen Zuwarten-Wollen, wenn der Weg, der „in den Geist” führt, wirklich beschritten werden soll. —
Ungeduld und ungezügelte Sehnsucht leiten nicht nur vom Wege ab, der zum Ziel führt, sondern fördern auch die gleiche Gefahr, getäuscht zu werden, wie sie für den Asketen besteht. —
Zwar wurde einmal das Wort geprägt, vom „Reich Gottes”, das nur jene an sich zu ziehen vermöchten, die „Gewalt” gebrauchten, — aber was hier als „Gewalt” bezeichnet ist, läßt sich nur dann richtig erkennen, wenn man die Worte des mit dem Engel ringenden Jakob zum Vergleich heranzieht: „Ich lasse dich nicht, bevor du mich gesegnet hast!”
Es ist keine „Gewalt” im Sinne des Überwältigenkönnens gemeint, sondern ein zähes Festhalten, bei allem Wissen um die eigene Ungewalt, Schwäche und Kleinheit.
Fühlt sich ein Suchender aber diesem Wort so verhaftet, daß er nicht davon loszukommen vermag, dann ist ihm zu raten, die „Gewalt”, die er nicht entbehren zu können meint, auf die dauernde Niederhaltung aller in seinem rastlos grübelnden Gehirn erzeugten Hemmnisse zu lenken, die ihm das Erreichen seines Zieles erschweren wollen.
Wer, als mein Schüler, den Weg zu seinem Ziel, den ich ihm zeige, auf die seiner Art entsprechende Weise einmal beschritten hat, für den darf es kein Hasten, Drängen und Jagen nach dem Ziele geben!
Mit sicherer Zuversicht muß er einen Schritt an den andern reihen, ausdauernd und mit Bedacht, immer auf seine ihm eigene Weise, wie er sie in meinen Worten beschrieben fand und sonach wählte, — denn dieser „Weg” wird beim endlichen Erreichen des Zieles nicht „aufgegeben”, wie etwas, das man nun nicht mehr braucht, sondern wird ewiger geistiger Besitz des zum Ziele Gelangten.
Der bedarf dieses, nun für ihn — weil durch ihn — „geöffneten” Weges, soll sein erlangtes ewiges Geistesbewußtsein mit dem vereinigt bleiben, was ihm die Identität verbürgt in seinem geistigen und irdischen Erleben…
Das „Durchschreiten” des Weges, der in den Geist gelangen läßt, ist ein „Schreiten” in der äußeren Zeit, aber im eigenen inneren, geistigen Raum!
So ist auch das Ziel zwar in der äußeren Zeit, jedoch nur im inneren, geistigen Raum zu finden. —
Darum nutzt es nichts, nach außenhin zu suchen, und es ist verkehrt, zu glauben, daß sich das Ziel an einem Orte leichter erlangen lasse, als an einem anderen.
Das Gleichnis des „Weges” ist aber für das Vorwärtsgelangen im eigenen Innern, und während des ununterbrochenen Ablaufs der äußeren Zeit, durchaus nicht willkürlich gewählt.
Nicht „zufällig” gebrauchten, seit den ältesten Zeiten, alle „aus dem Geiste” Lehrenden immer wieder den Hinweis auf die hier bestehende Analogie.
Obwohl der Suchende sein Ziel nur im eigenen inneren, geistigen Raum finden wird, kann er doch im gleichen inneren Raum noch unendlich fern von seinem Ziele sein. —
Er muß die äußere Zeit „erwandern”, die ihn Tag um Tag näher an den Tag der Erlangung bringt.
Es sind erfühlbare Zustände des Empfindungsvermögens, die sich da aneinander reihen.
Jeder folgende ist durch den zu Bewußtsein gelangten vorhergehenden bedingt, und keiner kann etwa „übersprungen” oder erlassen werden!
So ist es denn auch unnötige Selbstquälerei, wenn der Suchende sich sorgt, weil er nur langsam vorwärts kommt, oder weil ihm deutlich bewußt ist, daß er erst noch am Beginn steht, während er den Tag der Erlangung lieber heute als morgen erleben würde.
Es ist nur fördernd, zu wissen, wo man wirklich steht, während der allzu hochgemute Glaube, man habe wohl schon den größten Teil des Weges durchmessen, zu arger Enttäuschung umschlagen kann…
Manche, die schon der Meinung sind, meine Schüler zu sein, weil sie alles „kennen” was ich geschrieben habe, verschärfen sich ihre unnötige Selbstquälerei auch noch, indem sie danach trachten, ihr ureigenes Tempo zu beschleunigen, durch oft sehr fragwürdige Befeuerung aus allerlei philosophischer, oder okkultistischer Literatur, die mit dem, was ich lehrend in Worte forme, weder in der Strebensweise, noch in Bezug auf das zu erreichende Ziel, nur das allermindeste zu tun hat, mögen auch die dort gebrauchten Worte zugleich zu meinem Sprachgut gehören.
Ich könnte lächelnd, wie man törichtes Tun urteilsunreifer Kinder betrachtet, vorübergehen an diesen Versuchen: selbst „nachzuhelfen”, indem man von anderwärts her zuzufügen sucht, was ich vermeintlich vorenthielt, — wenn ich nicht immer wieder gewahren müßte, wie sich die so Beflissenen ihren Weg verbauen…
Daher muß ich denn wohl oder übel, im allereigensten Interesse der Suchenden, deutlichst jede Verantwortung ablehnen für das, was aus solchem „überklugen” Zusammenkleistern des niemals Vereinbaren resultiert, und naturnotwendig zu gröbster Selbsttäuschung der Eigenmächtigen führt!
Wer dennoch glaubt, auf eigene Faust besser voranzukommen, als wenn er meinen, im Wissen um meine ewige Verantwortung gegebenen Anleitungen — und diesen, so wie sie gegeben sind — folgt, dem ist nur zu raten, meine Bücher ungelesen zu lassen, damit er sich wenigstens nicht ihres Mißbrauchs schuldig mache.
Es könnte aber mancher, der sich als mein Schüler fühlt, obwohl er das Meine mit allerlei unverantwortlichem Gedankenwust in einem Atem nennt, vielleicht doch eine Lehre daraus ziehen, daß unter den von mir anerkannten Schülern, die ich heute am weitesten vorangekommen sehe, kein einziger ist, der sich nicht in strenger Selbstdisziplin darauf konzentriert hätte, den von mir gegebenen Anweisungen — und nur ihnen allein — bei der Gestaltung seines Strebens Gehör zu schenken.
Das ist gewiß nicht verwunderlich, da die Lehren, denen ich Wortgewandung schuf, so wie ich sie gegeben habe, erprobt sind seit Jahrtausenden.
Aller Folgerichtigkeit im Geistigen zuwiderlaufend aber ist es, zu glauben, man erlange noch mehr, als durch die in meinen Büchern enthaltenen Anleitungen zu erlangen ist, wenn man zugleich auch jedwedes menschliche Meinen und Wähnen sich zur Richtschnur dienen lasse…