Das Buch vom Jenseits:

Das einzig Wirkliche

  Du hast  nun  hoffentlich bereits  begonnen, ein Weniges zu erahnen von dem Geheimnis der  ewig zeugenden, ewig gebärenden  Ursachenwelt, die sich  in allen Anschauungsreichen offenbart, in unendlichfältiger Erscheinungsfülle…

 

   Oder ist dein inneres Fühlen doch noch zu stumpf, weil du nicht gewohnt warst, es zu schärfen?

 

   Dann  erfühlst du vielleicht noch kaum etwas von dem Mysterium, das dir durch meine Worte enthüllt werden soll,  oder du deutest meine Worte, wie sie nicht  gedeutet werden wollen? –

 

   Ich will  aber,  daß du „sehend” wirst, damit du nicht  dereinst als ein „Verblendeter” das Reich des Geistes betreten wirst, wenn der Tag  kommt,  an dem du es betreten mußt. –

 

   „Avidyâ”, d. i.: Nichtwissen,  nennt östliche Weisheit mit Recht eine „Schuld”, denn  dein eigener  Wille nur vermag  es, dir die  Pforte  zur  Erkenntnis zu versperren. – –

 

 

   Du hast jetzt mehrfach  bereits gehört, daß  zwischen  deiner Welt der physisch-sinnlichen  Wahrnehmung und  der Welt des Geistes nur eine Schranke  liegt, die zwei verschiedene  Arten  der Wahrnehmungsfähigkeit voneinander  trennt.

 

   Ich habe mich  absichtlich  des  öfteren wiederholt und werde mich  auch weiterhin noch wiederholen müssen, damit diese Grundwahrheit dir so tief wie möglich zu Bewußtsein  kommt.

 

   So  muß  ich auch hier dir  in die Erinnerung rufen, daß  das  Wirkliche immer das gleiche Eine und Ursächliche bleibt, auch wenn  es auf  die  verschiedenste Art zur Wahrnehmung gelangt in den physischen oder  geistigen Erscheinungswelten.

 

   Philosophisches Denken erspürte von ferne dieses  eine „Wirkliche” und nannte es: „Das Ding an sich”.

 

   Bis  zu  ihm  aber   vorzudringen,  ist auch der feinsten und scharfsinnigsten  philosophischen  Spekulation  absolut unmöglich.

 

   Nur in praktischer Erfahrung wird es erfaßt,  und nur erprobte Meister uralter verborgener  Erkenntnisweise  sind  dieser praktischen Erfahrung wirklich fähig.

 

   Sie allein vermögen es auch, ihre schon dazu geborenen, ausgewählten Nachfolger zu dieser  praktischen Erfahrung  zu führen.

 

   So habe  auch  ich voreinst erlangt, was hier  zu  erlangen  war.

 

   Wer anders als wir, sollte dir also das einzig Wirkliche, das  aller  und jeder Erscheinung letzte Ursache ist, wenigstens durch den Hinweis, den Worte  einer Menschensprache zu geben vermögen, hier  auf Erden aufweisen  können?!

 

 

   Ich will  versuchen, ob es mir gelingt, – allein, ich muß dein  eigenes  innerstes Fühlen  bei diesem Beginnen dringend  zu Hilfe bitten, denn nur, wenn das, was  in dir des  Geistes ist, meinem Lehrwort sich vereinen kann,  wirst du  der Wahrheit innewerden.

 

   Deine Augen sind bis jetzt noch geblendet von dem Glänze eines vergänglichen Lichtes, das gewiß die Augen blenden kann!

 

   Du mußt erst „sehen” lernen! –

 

   Dein Auge muß frei werden, so daß es sehen kann, was es sehen will, und nicht mehr gezwungen ist,  nur  das sehen  zu müssen,  was  die  allermeisten Menschen allein zu sehen vermögen. – –

 

   Dein Auge muß nach innen sehen lernen, so, wie  es bis jetzt nur nach außen sieht!

 

   Aber es handelt  sich hinwieder auch nicht nur allein um ein anderes „Sehen”, sondern dein ganzes Fühlen muß Erneuerung erfahren.

 

   Dein eigenes „Daseinsgefühl” muß sich aus den Fesseln lösen, die es bislang noch umstricken,  willst  du das einzig  „Wirkliche”,  das Ursache aller Erscheinung ist, mit  unbeirrbarer Sicherheit  erfühlen.

 

 

   Magische Fäden durchziehen auch diese äußere,  physische Sinnenwelt, und  wenn du mit  Ausdauer dich bestrebst,  nach  innen  sehen zu  lernen, so wirst du  bald die Erscheinungsform dieser Außenwelt von dem Ursächlichen, das sich in ihr offenbart, zu unterscheiden wissen.

 

   Du wirst die überraschende Entdeckung machen, daß das  einzig Wirkliche aller Erscheinungswelt  auch  in  der physisch-sinnlichen  Erscheinungsart  erfaßbar ist, in Gestalt der  verborgenen geistigen Urseinskräfte, die  zwar oft genug von Menschen erfahren wurden, aber dennoch von vielen geleugnet werden, weil ihre  Erfahrung nichts davon weiß…

 

   Wer erfahren durfte, was hier gemeint ist,  den kann kein Zweifel Anderer mehr beirren, und sein  eigenes Erleben wird ihn davor behüten, diese  Kräfte etwa jenen gleichzusetzen,  die  dem  unsichtbaren Bereich  der physischen Natur  entstammen,  obwohl  man gemeinhin  in  beiden Fällen von „mystischen”, „übernatürlichen” oder auch „okkulten”  Kräften zu  sprechen pflegt.

 

   Die ganze physische Erscheinungswelt, die dich  umgibt, – dein eigener Körper miteingeschlossen, – ist aufgebaut auf der Auswirkung der den Erdensinnen verborgenen geistigen Kräfte aus dem Ursein, und  alle geistigen Welten sind gleicherweise dieser  ursächlichen Kräfte Erscheinungsform.

 

   Es  ist die andere Anschauungsart, die das Wirken dieser  Kräfte  als physische,  oder als  geistige „Welt”  empfinden läßt.

 

 

   Du wirst nun begreifen, daß das „Jenseits”  keine ursächlich andere Welt ist, sondern nur  das Ergebnis einer neuen, dir noch  unbekannten,  anderen  Wahrnehmungsart der Auswirkung dieser gleichen verborgenen  Urseinskräfte, deren Auswirkungsfolge  du  hier auf Erden  als „Diesseits” anschauen lerntest. –

 

   Dein Bewußtsein ist zwar nicht Schöpfer der Wirklichkeit, denn es ist selbst ein „Teil”  dieser Wirklichkeit,  – ist  selbst eine der verborgenen geistigen Urseinskräfte, – aber es ist im „Diesseits” wie im „Jenseits”: Schöpfer der Erscheinungsform, die sich hier wie dort aufbaut auf der Auswirkung der  gleichen Kräfte.

 

   Zu  der „diesseitigen” Anschauungsform gehört  eine Auswirkungsfolge dieser Kräfte, die  dir  sehr vertraut  ist als die Funktion  deiner physischen  Sinne.

 

   Durch  diese, dir  hier gegebenen Sinne wird all dein Anschauen und  Anerkennen der Wirklichkeit auf Erden genau bestimmt, und so nimmst du nichts anderes wahr, als  was sie dich wahrnehmen  lassen.

 

   Da du  aber selbst ein „Teil” der ewigen Wirklichkeit bist,  gleichwie ein Wassertropfen im Meere ein Teil  des Meeres ist, so  trägst  du  auch in dir  potentiell  alle Möglichkeiten  die  der  ewigen Wirklichkeit  innewohnen,  wie  der Tropfen  im Meere alle Eigenschaften des Meerwassers aufweist.

 

    So bist du  nicht  nur fähig, durch die Sinnesorgane deines physischen Organismus wahrzunehmen,  denn du  selbst  bist ja geistiger  Natur und deines geistigen Organismus ewiger  Eigner.

 

    In deinem geistigen Organismus besitzest du  andere Sinnesorgane, die du bis jetzt noch  nicht kennst, und sie entsprechen auf geistiger  Seite durchaus deinen  physischen Sinnesorganen  hier  im irdischen Leib.

 

    Durch deine geistigen Sinne wirst du im  „Jenseits” ebenso zum Schöpfer deiner geistigen  Erscheinungswelt, wie du hier auf Erden  Schöpfer der dir  wahrnehmbar werdenden physischen Erscheinungswelt bist, ohne darum zu wissen…

 

 

   Betrachte, um deinem Verstehen zuhilfe zu kommen, beispielsweise einen Menschen in der Hypnose!

 

   Er sieht,  hört  und fühlt alles,  was du ihn durch  deine Suggestion sehen, hören oder fühlen lassen willst, und es gilt  ihm als wahrhaft vorhanden.

 

   Du glaubst  mit aller  Bestimmtheit, er unterliege einer von dir gewollten Täuschung, – allein  du  bist es, der sich in  dieser Annahme  täuscht!

 

   Du hast  den  Hypnotisierten nur  für kurze Zeit  von dem Zwang befreit, seinen physischen Sinnen allein glauben  zu müssen, und nun sieht, hört  und fühlt er vorübergehend, und dort, wo du es  ihm befiehlst, auch mit seinen geistigen  Sinnen, und  wird durch sie zum Schöpfer  dessen, was ihm wahrzunehmen  aufgetragen ist.

 

  Nicht du zeigst ihm,  was  er sieht, und er sieht auch gewiß noch nichts von dem, was in geistigen Erscheinungswelten allen dort Wahrnehmenden gemeinsam sichtbar ist.

 

   Du leitest nur seine plastische Phantasie, und  da er, bei gehemmter Funktion der physischen  Sinne, zugleich auch mit seinen  geistigen  Sinnen  wahrzunehmen vermag, so gestaltet sein Wille vorübergehend in geistiger Substanz die Aequivalente der Vorstellungsbilder, zu deren Erzeugung du ihn veranlaßt hast.

 

   Nicht  der Holzstab mit dem du seine Hand berührst, – während du suggerierst, es handle sich um ein glühendes Eisen, – schafft die Brandblase, die alsbald auf der Hand zu sehen  ist,  –  sondern  die  geistsinnliche Erscheinungsform  eines glühenden Eisenstabes hat sie bewirkt, und sie konnte  derartiges  nur  bewirken,  weil sie  auf der Auswirkung der verborgenen Kräfte aufgebaut  war,  die  in  aller Erscheinung  das einzig Wirkliche sind. –

 

   Keinen Augenblick wird  der  Hypnotisierte an  der  Objektivität  seiner Eigenschöpfung zweifeln, und wenn du ihm befohlen hast,  sich  seiner  Erlebnisse auch nach  dem  Erwachen  noch zu  erinnern, so wird er dann im Wachzustand kaum zu begreifen  vermögen,  daß  seine Wahrnehmungen nicht in der physischen Sinnenwelt erfolgten.

 

   So intensiv aber konnte er nur erleben, weil sein Erleben auf der Auswirkung der gleichen  Wirklichkeit beruhte,  wie  die ihm   vertraute  physische  Erscheinungswelt. – –

 

 

   Wenn nun die Hypnose hier auch nur der Verständigung wegen erwähnt wurde, und  wenn auch  gewiß die  Einblicke in geistig-sinnliche Bezirke,  die sie  gewährt, sehr beengt und oberflächlich bleiben, so kann  dir  dieses Beispiel  doch immerhin zeigen, daß deine gegenwärtige  physisch-sinnliche   Anschauungsmöglichkeit  nicht etwa die einzig vorhandene ist.

 

    Wir Menschen hier auf der  Erde sind alle gleichsam in einer Kollektivhypnose, so  daß  wir hier nicht auf andere Weise wahrnehmen können, als wie unser „Hypnotiseur”, der hier unser  eigener „ein-geborener” Wille ist, uns wahrnehmen lassen mag, und er wäre nicht in irdischem Bereiche, ginge sein Streben nicht  nach  dem Selbsterleben  in  physisch-sinnlicher Erscheinung.

 

    Sobald wir unseren zeitlich ins Physische gerichteten  ewigen  Willen  umzukehren verstehen, werden wir andere Wahrnehmungsarten  und  ihre Gesetze kennenlernen. –

 

    Das  ist zwar  während  des  physischen Daseins  auf der Erde  nur  sehr wenigen Menschen möglich,  – es wird aber allen zur Notwendigkeit, sobald der Tod  des Erdenkörpers dem Willensbewußtsein die bisherigen Sinnesorgane entzieht.

 

   Alle „Furcht vor dem Tode” erwächst aus dem Widerstreben des ins Physische gerichteten Willens  gegen eine Umkehr seiner, im Akt  des „Falles” aus dem Urlicht eingeschlagenen Richtung. – –

 

 

   Du wirst nun  begreifen können, daß jeder, der hier  auf Erden  noch  nicht zum geistigen „Erwachen” kam, im „Jenseits” zuerst  nur eine „Grenzwelt” ertastet, die seinen Vorstellungen und denen Gleichgesinnter, entspricht,  –  daß er aber erst vollständig Herr seiner selbst im  eigenen Willen geworden  sein muß,  bevor  er  in die ewige geistige Lichtwelt absoluter Erfüllung emporgeführt  werden kann. –

 

    Wir können auch keinen brauchen, der nicht alle seine selbstsüchtigen Wünsche aufgegeben hat, denn  sein bloßes Dasein in der uns umschließenden geistigen Region wäre schon gleichbedeutend mit ihrem Versinken in Unordnung und Chaos, – gesetzt, es wäre möglich, daß ein solcher die höchste Licht-Welt im Geiste ersteigen könnte.

 

   Vielleicht verstehst du nun, weshalb ich betonte,  daß wir  hier  alle eines  Willens sind,  der sich in seiner Zielrichtung nicht verändern kann…

 

 

   Wir  sind  im  geistigen Reiche  souveräne Beherrscher des einzig Wirklichen geworden,  –  durch die mit ihm verschmolzene Einheit unseres Willens,  in dem jeder Einzelwille nur  noch als Allwille sich wiederfindet…

 

   So  wurden  wir  wissende Bildner  der höchsten und reinsten Erscheinungswelt im Geistigen.

 

   Soweit in einem Zustand, der weder Anfang noch Ende  kennt,  da er immerdar zugleich Beides selber ist, dennoch von „Vollendung”  gesprochen werden kann,  wissen wir,  daß  unsere  Vollendung  bedingt  ist, durch stetes bewußtes Gestalten und Erhalten der höchsten und lichtklarsten Erscheinungswelt  im Geiste, die  uns Stätte  des Wirkens wie Tempel der Anbetung wurde…

 

   Wir „sind” nichts anderes, als nur das, was unser geeinter  ewiger Wille will!

 

 

   Was  man  auf Erden  und  in der Rede des Alltags „Wille” nennt,  ist  nur  ein Wünschen, ein  Begehren,  oder  irgend einer Neigung Ausdruck,  bedingt  durch eine  Gehirnfunktion.

 

   Würde der wirkliche ewige Wille des Menschen  auf der  Erde  den Wünschen folgen,  dann müßte sich jeder Wunsch und jedes Begehren erfüllen.

 

   Dem ist aber  nicht so, wie jeder weiß, und   wir  können wahrlich dem Himmel danken,  daß  allhier nicht hinter jedem Wunsch ein Wille steht…

 

   Auf der Erde „will” unser ewiger Wille nur in der Beschränkung, die  ihm die gewollte physische  Anschauungsweise auferlegt,  auch wenn die Wünsche diese Schranken nur zu oft und zu  gerne überfliegen möchten.

 

   Erst im Geistigen, – in der  anderen Anschauungsform, – kann unser Wille auch anders wollen.

 

   Dort ist der Bann „diesseitiger” Hypnose gebrochen und die  anderen,  in  uns vorhandenen  Möglichkeiten  der Anschauungsweise können  sich offenbaren.

 

 

   Du wirst nun auch hier wieder sehen, weshalb es so unsinnig ist, zu glauben, daß dieser Erdenwelt Gestorbene sich „materialisieren” könnten,  um mit  den  Irdischen in Verkehr zu  treten.

 

    Das würde heißen, daß die der Hypnose physischen Anschauungszwanges endlich Entrückten, aufs neue ihr verfallen könnten. –

 

    Selbst wenn  es  „naturgesetzlich” möglich wäre,  würden  sie  solche  Rückkehr nicht  mehr  wollen können,  da  der Wille längst  nun sich  selbst aus seinem hypnotischen Bann  befreite, ganz abgesehen  davon, daß die physisch-sinnliche Anschauungsweise  durch die Funktion  der physischen Sinnesorgane bedingt ist.

 

    Wie ich  schon vordem sagte, ist alles, was jemals  in spiritistischen Seancen  für die „Materialisation”  eines  Gestorbenen angesehen wurde, wie  auch jede dort wahrgenommene  physikalische Manifestation, nur das  Werk von Wesen,  die  zwar  den menschlichen  physischen  Sinnen   für gewöhnlich  unwahrnehmbar bleiben, aber dennoch  zur physischen  Natur  gehören.

 

   Ihr unsichtbarer Organismus ist  keineswegs  „geistiger”  Natur  und  sie  können nichts Geistiges wahrnehmen.

 

   Dagegen  verfügen  sie  über  hochentwickelte Sinnesorgane in ihren, dem Erdenmenschen  normalerweise  unsichtbaren physischen  Körpern, –  Sinnesorgane die zwar physischer Art sind und nur „diesseitige”  Anschauungsweise  bewirken, aber doch alle physischen Sinnesfunktionen des Erdenmenschen außerordentlich übertreffen.

 

   Dazu kommt noch, daß diese Wesen auch mit Sinnen begabt sind, die der Mensch der Erde nicht besitzt, und nur – so gut es geht – durch die Funktionen mechanischer Apparate zu ersetzen  sucht. –

 

 

   Die, irdischen Menschenaugen Unsichtbaren, um  die es sich hier handelt, – die aber von manchen Tieren der Erde  scharf wahrgenommen werden, – sind im Stande, für kurze Zeit und unter Benutzung menschlicher Kräfte, Formen anzunehmen, die auch den  menschlichen  physischen Sinnen wahrnehmbar werden müssen.

 

   Die zeitweilige Erzeugung und Benutzung solcher Formen wird bewirkt durch eine Art Amalgamierung mit dem Willen gewisser Menschen (der sogenannten „Medien”) bei gleichzeitiger Benützung ihrer „Tierseele”.

 

   Die Bewohner des den Menschensinnen nicht  bewußt wahrnehmbaren Teiles der physischen  Erscheinungswelt  sind in gewissem Sinne dem Menschen recht „ähnlich”, aber es handelt sich weder um ehemalige Menschen, noch können aus diesen Wesen jemals Menschen werden.

 

   Es handelt  sich vielmehr um Geschöpfe, die dem menschlichen unsichtbaren physischen Organismus ebenso nahestehen, wie die irdische Tierwelt dem äußeren physischen Menschen.

 

    Das naturgewollte Wirkungsgebiet dieser Wesen  liegt in den inneren Bereichen des organischen Aufbaues der physischen Welt.

 

    Die „Gnomen”, „Kobolde”, Erd-,  Luft- und Wassergeister der  alten Märchen  und Sagen sind, – von sichtlichen Zugaben der Volksphantasie abgesehen,  –  zumeist ganz so  dargestellt, daß  die Vermutung  recht nahe liegt, man  habe es hier nicht  mit Erdichtungen  zu  tun,  sondern  mit Zeugnissen  realer erdenmenschlicher Erfahrung.

 

   Die  Bezeichnung  als  „Naturgeister” darf jedoch nicht  vergessen lassen, daß es sich um physisch-sinnliche Wesen handelt, denen  die  geistige Seite  der  ursächlichen Welt nicht nur  unzugänglich,  sondern nicht einmal für ihr  Bewußtsein vorhanden ist…

 

   Nur die Unkenntnis  dieser  naturgegebenen Zusammenhänge  läßt  es  als  entschuldbar  erscheinen, wenn Menschen  vermuten oder gar glauben, in spiritistischen Sitzungen mit  Wesenheiten aus der  geistigen Welt zu verkehren.

 

 

   Wohl ist es  möglich, daß rein geistige Wesenheiten, und mithin auch Gestorbene, sich  unter  gewissen  Umständen sichtbar und vernehmbar machen können, – allein, du siehst und  hörst  sie dann  durch deine geistigen Sinne, auch wenn  du mit physischen Augen zu sehen, mit dem physischen Gehör zu hören meinst.

 

   Niemals aber  werden wirkliche Geistwesenheiten irgendwelche  physikalische Kraftäußerung hervorbringen! –

 

   Damit du eine wirkliche geistige Wesenheit   durch deine  geistigen  Sinne  wahrnehmen  kannst, ist es nötig, daß man dich von  geistiger Seite her vorübergehend aus der  „Hypnose” physisch-sinnlicher  Anschauungsart befreit.

 

   Deine  unbeeinflußte  Umgebung  wird dann  weder  die Gestalt sehen,  die du erblickst,  noch eines der  Worte  hören,  die du  vernimmst, und doch braucht es  sich bei deinem  Erleben  keineswegs  um  eine „Halluzination”  zu handeln, die ja nur ein Erzeugnis deiner eigenen plastischen Phantasie wäre…

 

   Empfängst du  ein echtes geistiges  Erlebnis, ohne es gesucht zu haben,  so nimm es ehrfürchtig hin und verwahre in deinem Herzen, was  du  empfinden durftest!

 

   Töricht aber  wäre es, dir solche Erlebnisse  etwa zu wünschen, denn es gehört schon sehr hoch  entwickelte Kritikfähigkeit dazu, echte Wahrnehmungen der  geistigen Sinne sicher von  lebhaften Halluzinationen zu unterscheiden, und du wirst doch  kaum  erstreben,  einen  „Geist” zu sehen, von  dem du  nicht wissen kannst, ob er  nicht gar dein eigenes, in einer Maske agierendes  Projektionsbild ist.

 

   Die Fälle echter geistigsinnlicher Wahrnehmung sind so überaus selten, daß man gut tut, erst dann an eine tatsächliche Einwirkung aus geistigen Regionen zu glauben, wenn  schärfste Kritik die  Möglichkeit einer Halluzination unter allen Umständen ausschließt.

 

    Das zu beurteilen, lehrt aber nur reiche Erfahrung, und ein sicheres Urteil  steht hier nur Menschen zu,  deren geistige Sinne schon dauernd  erschlossen sind.

 

 

    Das sogenannte „Hellsehen” ist jedoch nicht  die Fähigkeit, geistige Gestaltungen wahrzunehmen.

 

    Der „Hellseher” ist nur  imstande, ihm räumlich oder zeitlich ferne Dinge der physischen Welt wahrzunehmen,  – zuweilen auch mit Einschluß ihres unsichtbaren Bereiches und der in ihm lebenden Lemurenwesen, die ihm alsdann als „Geister” gelten.

 

   Mag ein „Hellseher” auch  die verblüffendsten  Beweise  seiner  Wahrnehmungsfähigkeit in der Fernschau, Rückschau, oder Vorherschau erbringen, so  handelt es sich doch immer nur um ein Erschauen innerhalb der physisch-sinnlich  erkennbaren Erscheinungswelt.

 

   Dort, wo er glaubt, Geistiges zu erblikken, berichtet er entweder von dem  unsichtbaren  Teil  der  physischen  Welt, oder aber von Dingen,  die seine eigene plastische Phantasie  ihm vorspielt, wobei er, guten Glaubens, alles Gesehene für objektive Bezeugung  der Geisterwelt hält.

 

   Seine Schauungen  werden dann  immer deutlich  die Färbung  der  Vorurteile und Meinungen aufweisen, die ihn im Alltagsleben hier  auf Erden beherrschen.

 

   Ist er Christ,  so  wird  er von den heiligen Gestalten der Evangelien, oder von kanonisierten  „Heiligen”  zu  berichten haben, – ist  er in den  Vorstellungen indischer  Religionssysteme aufgewachsen, so wird er die Gottheiten des Brahmanismus, in Tibet  aber: die der Mahâyânaschule, zu schauen glauben.

 

   Unzählige Wahnvorstellungen vom „Jenseits” sind unter willigen Gläubigen durch „Hellseher”  verbreitet worden und  finden immer noch Anhänger,  weil  man naiverweise aus der Bestätigung irgend einer Fern- oder Vorherschau schließt, daß dem „Hellseher” auch  geistige Gebiete erschlossen seien.

 

   Das Organ des  „Hellsehens”  ist aber nichts anderes als ein  rudimentäres physisches  Sinnesorgan aus den Urzeittagen der Menschheit auf  dieser Erde.

 

   Als Beispiel von „Atavismus” findet sich zuweilen dieses Sinnesorgan auch in Menschen der heutigen Tage leidlich funktionsfähig ausgebildet vor.

 

   Alles  „Hell-sehen”,  „Hell-fühlen” „Hell-hören”  beruht auf der Möglichkeit, dieses  Sinnesorgan gebrauchen zu  können.

 

   Hierher gehört auch die sogenannte „Psychometrie”, oder das Schauen der früheren Schicksale eines Gegenstandes bei der bloßen Berührung, sowie manche Spielart der Fähigkeit  zum „Wahrsagen”,  auch wenn dabei ein Modus  befolgt  wird, der  den eigentlichen  Vorgang, absichtlich oder ungewußt, verschleiert.

 

 

   Damit  du verstehen  lernst,  was  das „Jenseits” ist, wirst du drei Reiche  im Kosmos  unterscheiden lernen müssen.

 

   Einmal  das Reich der  physisch-sinnlichen  Anschauungsart, oder die physische Welt.

 

   Dann das Reich geistig-sinnlicher Anschauung, oder die Welt des Geistes.

 

   Drittens aber das Reich der verborgenen,  ursacheschaffenden Kräfte  des  Urseins: – das  einzig Wirkliche, auf dessen Auswirkung alle Anschauungsformen und  ihre Erscheinungswelten, sowohl  auf der geistigen wie auf der physischen Seite des Kosmos, beruhen.

 

   Diese  verborgenen,  ursacheschaffenden Kräfte des Seins wirken  im Erdenmenschen als seine „Seelenkräfte”.

 

   Einmal in einem Menschenleben zu zeitweiliger Kollektivform kristallisiert, nehmen sie gleichsam die individuelle „Färbung” des Menschen an und werden durch den in ihm sich  manifestierenden ewigen Willen, für alle weitere Zeit bestimmt, so daß sie dem einmal  empfangenen Impuls  fortan folgen müssen,  bis er Erfüllung fand.

 

   Ist diese Erfüllung  im  Erdenleben des Menschen, der den Impuls gab, nicht zu finden,  dann äußern sich die einmal nun nach bestimmter Richtung strebenden „Seelenkräfte” immer wieder in neuen Menschenleben, bis sie zuletzt Erfüllung erreichen, indem sie sich dem Willen, der sich in einem Menschen manifestiert, verschmelzen und mit ihm  zur Einheit werden.

 

   Unrichtige Deutung dessen, was  sie von diesem Geschehen wahrzunehmen vermochten, verführte die Völker des Ostens zu dem Glauben an eine oftmalige „Wiedereinverleibung” des Menschen durch Geburt  auf der Erde.

 

   Der Wahrheit nach ist aber solche Wiedereinverleibung, – also ein Zurückfallen in die Selbsthypnose physisch-sinnlicher Anschauungsart, – nur möglich bei Menschen, die bewußt und absichtlich selbst ihren Körper zerstören (was keinesfalls ein Werk des ewigen Willens, sondern immer nur ein Ausbruchsversuch des Wunsches ist! – –) ferner: bei Kindern, die starben, bevor der ewige Wille  Erfüllung  seines Dranges  zu  physisch-sinnlicher Erfahrung fand, und drittens: bei Menschen in denen der Drang zu solcher Erfahrung gleichsam in Hypertrophie ausartete, so daß selbst der Tod des Erdenkörpers nur für kurze Zeit die Selbsthypnose zu unterbrechen vermochte.

 

   Die Lehre  von der Re-inkarnation entspricht also ebensowenig dem  normalen Geschehen, wie die  Selbstentleibung, oder der Tod im frühen Kindesalter als die allen Menschen gesetzte Abschlußform  des irdischen Lebens  anzusehen  sind…

 

   Wenn in dir „Erinnerungen” oder auch nur leise Ahnungen auftauchen, die dir den Glauben nahelegen, du könntest schon früher einmal ein Erdenleben durchlebt haben, so ist es zwar möglich, daß dich solcher Glaube nicht  täuscht, und daß  du  selbst ein Beispiel bildest zu einem der drei Sonderfälle,  die  allein eine Wiederverkörperung zulassen, – aber du wirst  besser tun, wenn du die Frage ruhen läßt, bis dir nach diesem Erdendasein dereinst im Geistigen  die einzig sichere Antwort wird.

 

    Das  Gefühl,  ehedem  als eine von  dir  verschiedene Individualität auf Erden  gelebt zu haben, ist immer und mit aller  Sicherheit eine Täuschung,  denn in  den  genannten drei Sonderfällen, die allein mehrmalige Verkörperung auf Erden erlauben,  bleibt auch in der neuen  Einverleibung immer die gleiche Individualität in Erlebnisbereitschaft ihrer selbst im Erdendasein.

 

    Dagegen  ist  fast von  jedem innerlich  nicht ganz empfindungsträgen Menschen mit  Gewißheit anzunehmen, daß er in  sich zuweilen „Seelenkräfte” am Werke gewahrt,  die ihren Impuls  von Menschen früherer  Zeiten empfingen und ihn nun zur Erfüllung  zu bringen suchen.

 

   Dann kann es sein, daß sich dem Menschen der  solches in sich erfährt, sehr lebhaft geformte Erinnerungsbilder zeigen, die dem Leben jener Menschen entstammen, die voreinst den nun in einem neuen Menschenleben tätigen „Seelenkräften” ihren Impuls gegeben haben.

 

   Der Irrtum, dann  zu glauben, man sei selbst voreinst der gewesen, von dem diese Erinnerungsbilder  an Selbsterlebtes  stammen, ist zwar sehr leicht erklärlich, aber doch nur durch allzu oberflächliche Erfahrung zur Not zu stützen.

 

 

   Jeder einzelne Mensch  ist eine  einmalige  und  einzigartige Emanation des Urwillens,  – ist  hervorgegangen aus dem ewigen „ungeformten  Meere der Gottheit” um seine,  von allen anderen Mitemanationen verschiedene, individuelle Formvollendung zu  erlangen.

 

   Wer auf dieser Erde geboren wurde und nun die Mühen, Bedrängnisse und Schmerzen zu erdulden hat,  die mit  dem Dasein im tierhaften Leibe untrennbar verbunden sind, der  hat  sich dieses Schicksal selbst geschaffen, denn um des Daseins in  dieser physisch-sinnlichen Erscheinung willen, hat er den Weg zu seiner  Formvollendung im Geiste  selber unterbrochen.

 

   Zwangsläufig muß er früher oder später zur Rückkehr kommen, um dann aufs neue seiner geistigen Formvollendung zu zustreben.

 

   Je eher er schon  in seinem Erdendasein diese einzige Art, seine „Not” zu „wenden” erkennt, desto mehr Förderung kann er aus seinem Erdenleben  für  den  weiteren Verlauf des Vollendungsweges ziehen, – desto leichter wird es, hier auf Erden schon die Hindernisse zu beseitigen, die sonst zu argen Hemmungen auf diesem geistigen Wege werden können. –

 

   Wenn  aber auch  der Mensch  in diesem Erdendasein noch nicht zu  eigenem bewußtem Erleben mit seinen geistigen Sinnen gelangt, so ist doch  schon Bedeutsames erreicht, sobald er durch jene seiner Mitmenschen, die bereits in solchem Erleben stehen, mitteilungsweise über die wirkliche Gestaltung des „Jenseits” orientiert wird, das  ihn nach  seinem Erdentode  erwartet.

 

   So, wie in der physisch-sinnlich wahrnehmbaren  Welt  zwar die gleiche  Anschauungsart  erscheinungschaffend am Werke ist, aber doch die Welt  der Ameise, oder  die  des Vogels, sich  sehr wesentlich von  der deinen  unterscheidet, so gibt  es auch gar mannigfache Unterschiede zwischen den Welten der geistig-sinnlich wahrnehmenden Wesen.

 

   Es gibt  unzählige geistige Welten,  so wie es unzählige Welten physisch-sinnlicher Erscheinungsform gibt!

 

   Höchste Formvollendung  aber findet der individualisierte  ewige Wille erst dann, wenn er  sein  individuelles  Wollen,  ohne  jeglichen  Rest  einer Sonderstrebung,  dem Allwillen zu einen vermag,  im innersten Reich des Geistes: – dem Reiche der ursachesetzenden  ewigen  Wirkungskräfte des Seins: – in der Lichtwelt des  einzig Wirklichen…

 

   Darüber  hinaus gibt es  für den Menschengeist  nichts,  denn diese  erhabenste aller Welten ist zeitlich, räumlich, und ihren Erfüllungsmöglichkeiten nach unendlich.

 

   Soweit  das  „unbegrenzte”  Sein,  das „uferlose, unergründliche Meer  der Gottheit”, dem durch die Formung des Willens bestimmten  und darum  begrenzten, – obgleich „unendlichen”, – Bewußtsein zugänglich ist, wird es in dieser höchsten Lichtwelt allein, in jedem der allhier geeinten  ewigen Willen, seiner selbst bewußt. – –

 

 

   Was  ich  dir  in diesen drei  Abhandlungen zu erklären  suchte,  schließt alles in sich ein, was  der Mensch  auf Erden und während dieses Erdenlebens erfassen kann vom innersten Mysterium  seines Daseins, hier wie in der anderen Welt, die nach dem Erdentode ihn erwartet.

 

   Alles übrige,  was  man  dir über  das „Jenseits” erzählt, – mag es phantastische Erfindung überhitzten  Glaubens sein, oder gedankliche Spekulation,  –  ist:  graue Theorie und  wesenloses  Hirngespinst!

 

   Du sollst aber nicht an irgend ein „Weltbild” glauben,  nur weil es auch andere Gläubige fand, denn nicht eher wird deine Seele im  Frieden sein,  als bis  sie sich wiedererkannte: – als Selbstbezeugung des einzig Wirklichen.