Sage nicht, du habest die Liebe, so lange du noch Sorge trägst um dich selbst!
Den „Lilien des Feldes”, – die im Orient wild über weite Strecken wachsen, – und den „Vögeln des Himmels” gleich, darfst du die Sorge um dich selbst nicht mehr kennen, wenn du der Liebe fähig werden willst, in ihrer höchsten Form!
Solange dich noch die gemeine angstgenährte Sorge um dich und dein Erdenschicksal quält, – die nichts anderes als offenkundiger Mangel an Vertrauen zum Ewigen ist, – weißt du wahrlich noch nichts von der Liebe, die einst der hohe Meister lehrte, – der Liebe, die allein dir die Freiheit geben kann. – –
Du versklavst dich selbst deiner Sorge und kannst doch bei allem Sorgen nichts dadurch gewinnen!
Die göttlichste Kraft aber ruht ungenutzt in dir, da du sie nicht zu gebrauchen weißt!
Du „liebst” vielleicht „aus ganzem Herzen” alle, die dir „teuer” sind, die du nie in diesem Erdenleben verlieren möchtest, und du hast dich wohl gar zu einer „allgemeinen Menschenliebe” überredet, – ja du „liebst” die Tiere und die Pflanzen, „liebst” alles, was du erblicken magst?
Du wirst erstaunt sein, wenn ich dir sage, daß du trotz alldem, schwerlich schon in der Liebe lebst!
Die Sprache deines Landes kann dich hier belehren, denn du pflegst von einem, den du auf deine Weise „liebst” zu sagen: „Ich habe ihn gern.” –
Auf das „Haben” kommt es dir bei deiner „Liebe” an und auf ein Wohlgefühl bei diesem „Haben”, – sei es auch nur ein „Haben” durch Sehen und Hören, oder durch bloßes Bewußtsein, daß ein nahe oder ferne weilender Mitmensch dir zugehöre! – –
Die Liebe aber, von der des „großen Liebenden” Lehre redet, die Liebe, von der dieses Buch hier dir künden soll, ist eine geistige und zugleich auch irdisch, allem Leben einverwobene urweltliche Kraft, die dich so durchströmen muß, wie dich die niedere Form der gleichen Kraft durchströmt in alles überwindendem Erschauern, wenn du die Liebesflammen deiner Erdentierheit in dir brennen fühlst! –
In dieser „irdischen” Liebe begehrst du noch, denn hier will die Liebe den Gegenstand der Liebe; – in ihrer „himmlischen” Form aber wird sie sich selbst zum Gegenstand, so daß hier jedes Begehren dich verläßt! –
In der „irdischen” Form der Liebe ist – stets ein Ver-langen, ein Daneben-langen, – ein Greifen nach außen und ein Heranziehen; – in ihrer „himmlischen” Form jedoch wird sie inneres Leuchten, ein Strahlen und Wärme geben, – ein Überströmen aus dem Innern über alles Äußere…
Diese hohe Form der Liebe erst wirkt alle wahren Geisteswunder innerer Erweckung, läßt alles das „von selbst” in dir werden, um das du dich noch mühst, es zu erlangen, im Glauben, irgend eine mysteriöse Methode, irgend ein „Training” könne es dir eines Tages bringen!
Deine Menschenfreundlichkeit aber, und dein geistiges Besitzverlangen, das du „Liebe” nennst, können dir freilich niemals die Kraft zu eigen werden lassen, die in wörtlichster Wahrheit „stärker ist als der Tod”! – –
Alles, was du bis jetzt mit dem Worte „Liebe” zu bezeichnen pflegtest, wenn du nicht nur an die tiefere Stufe der Liebe dachtest, in der sich die Leiber begehren, – alles das wird erst wahrhaft vollendet werden, wenn du selbst erfüllt bist von der Urfeuerkraft der Liebe!
Deinem ganzen Sein wird alsdann entströmen, was du jetzt noch mit mancher Mühe zu verwirklichen suchst! –
Was dir heute noch „Pflicht” und „Tugend” heißt, wird dann die selbstverständlichste Erfüllung deines Daseins werden! –
Du kannst auch die Urfeuerkraft der Liebe nicht in dir entflammen, ohne in einemfort ihre Strahlen aus dir zu ergießen, und alles, was dir nahekommt, wird dieses stete Strahlen empfinden.
Was ehedem nur Widerstand oder Angriff war, wenn es dir begegnete, wird dann dir entgegenkommen, um sich mit dir aus freien Stücken zu verbünden!
Eine innere Umkehr aber wird von dir verlangt, willst du zu einem Sonnenfeuer höchster Liebeskraft entbrennen. –
Ohne diese bewußte Umkehr, ohne solche dauernd festgehaltene neue Einstellung deines Strebens, wirst du gewiß nicht in die Liebe gelangen!
Du wirst dich wandeln wollen müssen, willst du dich verwandelt sehen! – –
Bisher warst du auch im Geistigen ein Verlangender, – aber man kann dir hier nur geben, was du noch nicht besitzest, einerlei, um was immer du bitten magst, und ob du um deinen geistigen Besitzstand weißt, oder nicht. –
Du aber besitzest bereits, wenn auch ohne dein Wissen, in dir die hohe Kraft der Liebe, von der ich rede, so daß man sie dir nicht erst zu geben braucht, und es kommt nur auf dich an, ob du sie gebrauchen willst, damit sie sich dir offenbare! –
Du mußt zur „Sonne” werden wollen, – zur „Sonne”, die aus sich selber leuchtet, – – und sobald du diesen Willen dauernd hegst, wirst du mehr und mehr im Feuer höchster Wirkungsweise der Liebe erglühen!
Noch hast du zu viel Furcht vor diesem Entbrennen!
Deine törichte Angst, dich etwa zu verlieren, hält dich von dem Wagnis zurück, das du wagen solltest!
Du fühlst in dir wohl eine mäßige Wärme, nennst sie „die Liebe”, und läßt dir gerne daran genügen, – nur wunderst du dich dann, daß dieser schwachen Wärme Strahlen nichts in dir und nichts nach außen hin vermögen, ja daß sie auch in deinem Erdenschicksal völlig machtlos bleiben! –
Du ahnst noch nicht, zu welcher Strahlungskraft du gelangen könntest, wenn du dich selbst zur „Sonne” wandeln wolltest, statt träge nur von anderen Sonnen erwärmende oder stärkende geistige Strahlen zu erwarten!
Alles in dir muß fortan geben wollen, wenn du das Höchste, das in dir selber ist, aus dir empfangen willst! – –
Mag dir auch nur ärmlich wenig scheinen, was du vorerst zu geben hast, so wird doch selbst dieses Wenige schon völlig genügen, um dich zum „Strahlen” zu bringen, wenn nur dein Wille intakt bleibt, mehr geben zu wollen als von anderen zu erwarten!
Von einem indischen Fürsten wird berichtet, daß er einst einen Yogi fragte, welches die Empfindungen eines Vollendeten seien? Der Yogi aber sagte darauf, man habe ihn ebenso einst nach den Gefühlen eines Liebenden gefragt und er habe nur antworten können:
„Wenn du ein Liebender bist, wirst du es wissen.” –
So kann auch ich hier von der höchsten Form der Liebe, als einer ewigen, urweltlichen Kraft nur immer in Bildern reden, denn ich kann dir ebensowenig diese „himmlische” Liebe in Worten erklären, wie ich dir jene andere Form der Liebe in Worten faßbar machen könnte, die man, da sie nur allein im Erdendasein sich auswirkt, die „irdische” Liebe nennt.–
Du mußt in beiden Fällen dich von der Liebe entflammen lassen, wenn du wissen willst, was die Liebe in ihrer ans Physische gebundenen, oder in ihrer höchsten geistigen Form in Wirklichkeit ist!
Wie du als ein erdenhaft Liebender die „irdische” Form der Liebe in dir trägst, auch dann, wenn ihre Glut zur Zeit dich nicht entbrennen läßt, so ist auch jederzeit, obwohl sie dir noch nicht bewußt ward, zugleich die „himmlische” Form der gleichen Kraft in dir, die über dieses Erdendasein weit hinaus in Wirkung tritt, und dir auf Erden eine Götterfreiheit gibt, weil alles sich ihr beugen muß, was dir begegnen kann.– –
Von solcher Liebe und ihrer Allgewalt sprach einst der hohe Meister aus Nazareth, und er selbst nahm alle seine Kraft aus dieser Liebe...
Von solcher Liebe sprach jener Liebende, der des Meisters Lehre größter Verkünder ward, wenn er von sich selbst sagt: „Hätte ich die Liebe nicht, so wäre ich tönendes Erz nur, oder gleich einer klingenden Schelle!” – Beides gibt wohl Klang, wenn es von außen angestoßen wird, doch fehlt ihm inneres Leben, das den Klang aus sich heraus erzeugen könnte. –
Die Liebe, von der wir hier reden, aber wirkt stets aus sich selber, ohne Anstoß von außenher!
Wie lange noch soll sich der Mensch der Erde dieser Liebe verschließen?! –
Wenige nur haben um sie gewußt, – wenige nur wurden ihr zum Gefäße, – aus all den Geschlechtern, die je dieser Erdensonne Licht empfingen.
Die Kräfte der äußeren Erdnatur lernten längst den Menschen als Herrscher kennen, jedoch in seinem inneren Bereich begnügt er sich in schwächlichen Versuchen, mit seinen Kräften zu paktieren, da er die hohe Kraft in sich nicht kennt, durch die er nicht nur Herr der Innenkräfte seiner physischen Natur geworden wäre, – sondern auch nach außen hin der höchsten Wirkung mächtig, – würde auch nur ein größerer Teil der Erdenmenschheit gemeinsam sich in dieser Kraft ver-einen...
Wo jemals Seelen aus dem Dunkel fanden, wo jemals hohe Tat geschah, um durch Jahrhunderte zu leuchten, wo je das Tier im Menschen sich dem Geistesmenschen unterwerfen mußte, dort war diese hohe Kraft im Einzelnen erwacht und konnte in die Vielen überströmen um sie zu entflammen. –
Immer wieder aber haben die so Entflammten alsbald das himmlische Feuer wieder erlöschen lassen, weil sie zu träge wurden, ihm aus Eigenem neue Nahrung darzubieten …
Auch diesen dunklen Tagen irren Hasses, die den „Gott der Rache” wieder mächtig werden ließen, dem der große Liebende aus Nazareth einst seine Macht entwinden lehrte, – diesen Tagen babylonischer Verwirrung der Gehirne, – tarantelsüchtiger Vernichtungswut aus Schöpferwille, – diesen Tagen, die wie Hammerschläge einer Hölle irrer Teufel auf die arme Menschheit niederfallen, um in Barbarenchaos, um in Unrathaufen zu verwandeln, was einst Geisteslicht im Siege über Tierheitsdumpfheit auferbaute, wird erst ein Ende angesetzt, wenn die Gewalt der Liebe dieses Ende bringt.– –
Der schwelende Brand, der heute seine schwarzen Schwaden erstickenden Giftrauches über Länder und Meere schickt, ist nicht mit den Schlagwörter-Wasserfällen großgebärdiger Sprecher zu löschen! –
Das grüne Laub, das nun verschwelt, wollte Sonnenwärme, – doch da es keine „Sonne” fand in diesen Tagen, ward es in seinem Sehnen nach Licht und Wärme: unterirdischer Feuerbrände Beute.
Wohl dem, der hier nicht vor sich selbst bekennen muß: – „Auch ich war einstmals einer derer, durch die der junge Wald, der hier in einem Welt-Waldbrand vernichtet wird, um seine Sonnenwärme sich betrogen fühlte!”...
Hier ist nicht zu „löschen” mehr, was in sich selbst verglimmen muß; – aber man täusche sich nicht: – – die Sehnsucht nach Licht und Wärme wird auch die Herzen derer nicht verlassen, die diesem Brande nicht zum Opfer fallen, denn ihr ward urgrundtiefer Wille Wecker, und keine Macht der Erde wird verhindern, daß sie sich erfüllt!
Diese Sehnsucht verlangt nach strahlenden „Sonnen”, die im Erwärmen und Leuchten nicht müde werden. –
Sie wird zu unterscheiden wissen, und alles ablehnen, was nicht aus der Liebe strahlt!
Was jetzt verschwelt, ist gewiß verloren, und mit ihm teures Gut, das einst der Menschheit eigen war, allein das wieder neu ersprossende junge Grün der Erde wird nicht ein zweites Mal vernichtet werden, wird nicht aufs neue unter-irdischen Feuers lüstern erlangter, leckerer Fraß!
Auch hier sind wahrlich hohe Hüter am Werk, auch wenn sie nicht verhindern durften, daß Vernichtung fand, was in sich selbst den Willen zur Vernichtung trug, ohne darum zu wissen...
Die hohen Hüter, die hier wirken, werden weislich jedes neue junge Grün vor der Vernichtung Feuer zu bewahren wissen, und werden, als des Menschen wahre Freunde, voll Verstehen und voll Rat, die knochen klappernden Gerippe, die gleich ungeheuren Fledermäusen, in faltenweiten Mänteln vor der Sonne schwirren, mitleiderfüllt zurück in ihre Gräber senden, so daß das Licht der Ur-Sonne ewigen Geistes endlich alle Wärme seiner Strahlen allem Leben spenden kann. —
Aus dieser Ursonne nur strömt alle Strahlungskraft den einzelnen geistigen „Sonnen” zu, die diese Erdenmenschheit braucht, wie die Schwärme der Wandelsterne des Firmamentes ihre Myriaden Sonnenfeuer brauchen, um in geordneter Bahn sich selbst zu erhalten...
Nicht vor dem „Untergang” des Abendlandes ist die Menschheit angelangt, wie manche wähnen, sondern sein späterer höch-ster Aufstieg fordert die Opfer, die der wache Mensch des Abendlandes heute zu beklagen hat!!!
„Wer Ohren hat zu hören, – höre!”
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Die Zeichen dieser Zeit sind wahrlich anders zu deuten, als klügelnde Skepsis, akrobatengleich mit Gedankenkugeln jonglierend und der Menge Beifall heischend, sich erträumen läßt!!!
Hier ist „Geduld und Glaube der Heiligen” vonnöten!
Nicht solcher, die sich „heilig” dünken, weil sie nach Art der schleichenden Gewürme sich aus jeder Schuldverstrickung wanden, sondern jener, wahrhaft das Heil erahnenden Erdenhaften, die noch zu aller Zeit das „Salz der Erde” waren! –
Schon unsere Enkel werden diese Tage der Wahnverblendung, die sich ihrem Ende zuneigen, mag auch das endliche Ende noch gar fern erscheinen, nicht mehr kennen.
Sie werden kaum in sich noch ein Verstehen finden für den Krankheitszustand der Gehirne, die heute toller Tänze Tanzplan sind, weil sie in der Verstrickung dunkler Mächte, denen sie sich selbst ergaben, der Torheit Tür und Tore offen ließen, als sei „der Mensch” nur das arme Erdentier, – viel ärmer noch, als alle andern Tiere dieser Erde, – als das er sich empfindet, solange er nicht weiß, daß er des Geistesmenschen Pforte zur Erlösung darstellt.
Erst dieses Wissen aber bringt Gewißheit, daß ihm die höchste Form der Liebe allein die unerhörte Macht verleihen kann, dieser Erde Angesicht derart zu verwandeln, daß alle Trübsal, die der Mensch auf Erden fand, – daß Krankheit, Not und Jammer von der Erde schwinden muß, wie jene Ungeheuer schwanden, die einst das frühe Menschentier erst floh und dann besiegen lernte! – –
Wir alle, die wir heute dieser dunklen Tage Todesschatten über unsern Häuptern lasten fühlen, sind die Totengräber einer alten Zeit und sind zugleich die Zeugenden des neuen Lebens, das diese Erde einst beleben soll! – – –
Von uns allen wird alle Menschheit, die noch dieser Erdball tragen soll, Verantwortung verlangen, wenn jenes kosmische:
„Es ist vollbracht!”
durch alle jene Sphären tönen wird, die Zufluchtsort dem Geistesmenschen wurden, nachdem er selbst sich einstens aus der Gottheit losgelöst, undungeahntem Schicksal sich als edles Treibgut übergeben hatte! –
Wir alle sind es, die der Erde Antlitz wandeln werden, oder seiner Wandlung Hemmung bleiben, wenngleich erst spätere Geschlechter Frucht erernten können, die der Saat entspricht, die wir der Erde anvertrauten! – –
Doch glaube nicht, daß wir nicht selbst schon unsrer Tat Erfüllung sehen könnten, auch wenn nur Blühen uns erst werden mag, wo Spätere die Früchte ernten werden!
Je eher wir uns selbst zu wacher Tat ermannen, desto gewisser werden wir aus dieser Tat, die eine Tat des Herzens ist, die Blütenknospen sich erschließen sehen, die einst den Nachgeborenen zu Früchten werden!
Ein unerfaßlich Großes hat das Schicksal unserm Willen anvertraut in diesen ernsten Tagen, und – wahrlich: „es ist eine Lust, zu leben” in solcher Zeit, – für jeden, der seines Eigenlebens Wert für alle Zukunft kommender Geschlechter, in Wachheit und Verantwortung zu werten weiß!
Wo sind sie denn, die Toren, die einst glaubten, ihrer Hirne Werk erhalte ewigen Bestand!?! –
Dahingeschwunden wie der letzte Bettler, dessen Namen keine Kunde meldet,
erstirbt ihr Werk in einer neuen Zeit, die sie, bei aller Trunkenheit des Wissens, nicht erahnen konnten, die sie nicht kommen sehen konnten, weil sie glaubten, ihres Denkens Helle leuchte allen kommenden Geschlechtern. –
So sind auch heute unter uns noch gar manche eitle Toren, die sich weise wähnen und in der großen Geste weiser Wissender ihr Wohlgefallen finden.
Nicht alle wissen, daß sie täuschen, und mancher glaubt, er sei der Wahrheit Diener, – jedoch gebar die Zeit in diesen Tagen der Entwertung aller Werte allzu viele, die kein „Gewissen” mehr zu hindern weiß, wo ihres Wähnens Wahn sie selbst erfaßte, so daß sie Tausende durch ihre Lehre ins Verderben ziehen, berauscht durch ihre Macht, die Seelen zu verwirren, und eitelkeitumnebelt durch die Zahl der Hörigen, die ihren Fahnen folgen. –
„Es werden aber falsche Gesalbte und falsche Propheten kommen...”
Achtet auf solche Zeichen der Zeit und rettet euch selbst vor der Verstrickung in teuflische Netze, aus denen nur selten einer wieder entfliehen kann!
So wie du dich keinem Quacksalber anvertrauen wirst, wenn es um deines Erdenleibes Leben geht, so darfst du dich auch nicht jedem mit der Seele übergeben, der dir sagen mag, er wisse deiner Seele Leben zu erhalten!
Wenn du auch nur in wenigem dich sicher fühlst, so trägst du doch in dir bestimmt eine Sicherheit, Gefahr zu wittern, die nie dich verlassen wird, sobald es deines armen Erdenleibes Erhaltung gilt!
Die gleiche Sicherheit besitzest du zwar auch, wo es sich um deiner Seele Leben handelt, doch da du deine Seele verlieren kannst, ohne des Erdenleibes Leben einzubüßen, so achtest du kaum mehr der Warnungszeichen, die dir im Innern werden, wenn der Seele Leben in Gefahr zu kommen droht! –
So wie jedoch, wenn du auch nur leidlich urteilsfähig bist, in dir alsobald ein Mißtrauen sich aufbäumt, falls dir in des Leibes Not ein Unberufener sich naht, so wirst du in gleicher Weise „Warnung” fühlen, wird dir in deiner Seelennot ein Lehrer sich erbieten, der selbst der Lehre wahrlich bedürftiger sein mag als du, der ihn zu Hilfe rief, da du von keiner anderen Hilfe wußtest!
Du bist darum mitnichten etwa entschuldigt, wenn du dich irrenden Lehrern anvertraust, denn dir gab Urnatur in deinem Gefühlsvermögen die Kraft der Unterscheidung, und es ist nur deine eigene Lässigkeit, wenn du nicht alsbald erkennst, daß du einer „Seelenführung” dich ergabst, die selbst zu-recht geführt zu werden nötig hätte! –
Du mußt in diesen ernsten Tagen doppelt Vorsicht walten lassen, da du nun durch meine Worte weißt, daß ungezählte kommende Geschlechter durch dich gefördert, aber auch – gehindert werden können!
Das Urfeuer der Liebe will in dir Leben werden, damit sein Leben, aus dir weiterzeugend, neues Leben einst gestalte, – hier, in den Herzen der auf dieser Erde sich ihre ewige Form erkämpfenden Menschen.
Wenn du nicht selbst aus der Liebe zu Leben wurdest, wie willst du neuen Lebens Ursprung werden? –
Darum mußte ich dir, soweit das Worte vermögen, hier zeigen, was die Liebe ist, – die Liebe, von der alte Kunde redet, die dir von Liebenden im höchsten göttlichen Sinne, zu berichten weiß. –
Darum mußte ich dir jenes „größten Liebenden” Leben enthüllen, der einst die gewaltigste Tat der Liebe zu vollbringen wußte.
In seiner Liebe letzter Vollendung löste siegessicher er jene starre Fessel, die, seit der Bindung durch die allererste Einkehr geistesmenschlicher Gestaltung in die Form des Erdentieres, alles Menschsein hier auf Erden eisenstark umwunden hielt! –
Er aber gab auch die Lehre:
„Wer mein Schüler sein will, der folge mir nach.” –
Lächerlich töricht sind jene Träumer, die da glauben, sie brauchten nur in äußeren Allüren dieses Urgewaltigen vermeintliche Gebärde nachzuahmen, um sich als seine Jünger, seine „Schüler”, wie die Schrift in Wahrheit sagt, von ihm erkannt zu wissen.
Würden sie ahnen, wer er war und ist, dann würden sie wahrhaftig ihre Torheit fahren lassen. –
Du aber, zu dem ich hier rede, – sei du nicht auch eines solchen Wahns gehorsamer Höriger!
Du bist nun wahrlich genugsam belehrt!
Wenn du des Zimmermanns, der des Urlichts Leuchtender war, wie der, dem diese Worte Formung danken, dich wahrhaft würdig willst erweisen, dann sei bereit, die hohe Liebe in dir zu erwecken, die dich verzehren muß, will sie dich selbst zu einem neuen Sein verwandeln!
Dann erst wirst du wahrhaft sein Schüler, sein Jünger sein!
Dann erst wird er dich in seiner Liebe wissen, so wie er sich selbst in seines „Vaters” Liebe wußte! –
Dann erst wird er dich als einen derer anerkennen können, die der „Vater” liebt, weil sie in des Vaters „Sohn” Vollendung fanden...
Dann erst wird Jehoschuah, der Zimmermann aus Nazareth, von dem die alte Kunde dir erzählt, und der dir entfremdet ward durch alter Göttersagen Hörige, – die ihn der Menschheit viel zu nahe gewahrten, so daß sie ihn mit ihrem Götterwahn drapierten, – – dann erst wird er dir nahe kommen, und dann erst wirst du in Wahrheit sagen dürfen:
„Ich weiß, daß mein Erlöser lebt!”
– – des Menschen-„Sohn”, der einst den Seinen bestätigen durfte, daß er bei ihnen bleibe „bis ans Ende der Welt”!
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Aus der Urfeuerkraft der Liebe allein ist es möglich, ein solches Versprechen auch einzuhalten! –
Wohl ist es dem in sich Vollendeten ein unbeschreiblich hartes, dauernd dargebrachtes Opfer, sich nach dem Tode des Erdenkörpers in einem Zustande zu erhalten, in dem er irdisch-eingeengtem menschlichem Erfühlen noch erreichbar bleibt...
Aber man darf sich unter diesem, mir und den mir Artgemeinsamen wohlbekannten Verharren im Fühlfelde erdenmenschlicher Bewußtseinsreichweite gewiß nicht ein mysteriös umwittertes „Wunder” vorzustellen suchen!
Es handelt sich um nichts anderes, als um eine geistgesetzlich genau begründete Bewußtseinsfixierung, – weit über die Verbrauchsdauer des irdischen Menschenkörpers hinaus, – bis zum letzten Vibrieren seelischen Suchens im Bereiche dieses Planeten.
Daß hier kein geringes Opfer gebracht wird, ergibt sich schon aus der Notwendigkeit, in einem selbstgestalteten, zwar erdensinnlich unwahrnehmbaren, und doch der unsichtbaren physischen Welt noch eingeordneten Körper – als dem Bewußtseinsträger – zu verbleiben...
Solcher Bewußtseinsfixierung aber ist zugleich naturgeboten: alles seelische Leid der ganzen Menschheit mitempfinden zu müssen, und nur die Urfeuerkraft der Liebe vermag es, solches Miterleiden allen menschlichen Leides dem selbstgebundenen Bewußtsein des Leuchtenden ertragbar zu machen, bis auch der letzte seiner irdischen Menschenbrüder einging ins Licht.