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Die Baumeister am Dome der Menschheit

Es gibt auf dieser Erde eine kleine Anzahl rein geistig verbundener Männer, — einen im Ewigen statuierten Konvent, — der schon Jahrtausende hindurch in stiller Verborgenheit wirkt und doch auf geistigen Wegen — ohne das gesprochene oder geschriebene Wort — alle Menschen zu erreichen vermag, deren innere Seelenkultur durch eigene Arbeit an sich selbst soweit gefördert  wurde, daß  die  Strahlen geistigen Lichtes, die von  dieser, nur aus dem ewigen Geiste her wirkenden verborgenen Gemeinsamkeit ausgehen, ihre Herzen erfüllen können.

Dem Menschen der westlichen Welt mag das verwunderlich und aller Zweifel wert erscheinen, während der Orientale — dem auch ihm verborgenen geophysikalisch bestimmten  metaphysischen  Kraftfelde des geistigen Wirkens dieser Gemeinsamkeit räumlich näher — eher an  dem Dasein der Sonne zu zweifeln geneigt wäre, als daß er zweifeln könnte an dem, was jeder Unterrichtete dort über das Wirken jener Wenigen weiß und des öfteren auch selbst erfahren hat.

 

Auch im Abendlande hüteten Menschen in stiller Verborgenheit — schon seit den Tagen der Edda — inneres Wissen um solche geistige Wirklichkeit. Wenn sie auch nicht überall so klar zutage trat, wie in der Sage vom heiligen Gral und seiner Ritterschaft,  so war  doch  das  ganze abendländische Mittelalter erfüllt  von hoher Kunde aus einem erhabenen Kreise Gottesvereinter, so  daß dieser Kunde Spuren in Sage, Volksglaube und Poesie allenthalben  aufzufinden sind.

 

In neuerer Zeit war es ein ausschließlich religiös eingestellter Kreis mystische Tradition Erforschender, der von den „weisen Männern  des Ostens” wußte,  und seit einem halben Jahrhundert (Erstausgabe dieses Buches 1921) sprechen sogenannte „theosophische” Bücher von „Mahâtmas” und deren Gemeinschaft in einer „weißen Loge”, wenn auch die Wenigen, die man unter diesen Namen zu kennen meint, sehr ferne den Lehren solcher Bücher stehen, und weder eine Freimaurerloge oder  einen ähnlichen Zirkel, noch eine geheime Gesellschaft bilden, sondern eine rein geistige Gemeinsamkeit sind, — mit keiner anderen Menschenvereinigung irgendwie vergleichbar.

 

Gerade  der  Kunde von  „theosophischer” Seite aber verdanken  die Glieder dieser geistigen Gemeinsamkeit einen mysteriösen Ruf, den sie niemals selbst verursacht haben, und in dem sie nur ein verächtliches, phantastisches Zerrbild ihrer selbst zu erkennen vermögen.

 

 

 

 

 

Man hat aus ihnen eine Art von Zauberern gemacht,  oder man stellte sie  als Halbgötter dar, angefüllt mit einem naturwissenschaftlichen „Wissen”, das ihnen in Wirklichkeit ganz gleichgültig ist, — man begabte sie  großzügig mit göttergleicher Allwissenheit, in Bezug auf die Geschehnisse der Erde,  und verschrieb ihnen eine fast unumschränkte Macht über Geist und Materie.

Man glaubte sich zu alledem berechtigt, denn es hatten sich zu Beginn der Bewegung, die zum  erstenmal im  Abendlande von  „Mahâtmas”  als  bestaunenswerten Übermenschen  sprach, gewisse Dinge  zugetragen, seltsam genug, um von Unwissenden auf  „Halbgötter”  zurückgeführt zu werden, und man  glaubt in  hypnotischer Gebundenheit,  die Urheber jener Begebnisse und die „weisen Männer des Ostens” seien identisch miteinander.

 

 

Die wirklichen „Mahâtmas”,  wenn man mit diesem in Indien als Ehrentitel vielgebrauchten  und abgegriffenen  Worte noch weiterhin auch Angehörige des Kreises im ewigen  Urlichte Leuchtender die sich in einem Erdenmenschendasein offenbaren, bezeichnen will, haben aber  niemals  „geistige  Bewegungen”  ins  Leben gerufen, oder Vereinigungen zu gründen versucht,  indem sie  mit  Fakirkünsten und  vorgeblicher wissenschaftlicher  Allwissenheit auf die Menschen einzuwirken suchten.

Sie betrachten das  ungestüme Wissenwollen westlicher Wissenschaft als eine Art geistiger  „Vivisektion”  und  sehen  den Wissenstrieb des Menschen nur dort in geordneten Bahnen, wo  er den Umkreis seiner durch das  erdenmenschliche  Dasein normalerweise  bedingten  Erfahrungswelt nicht überschreitet.

 

Ihr geistiges „ Wissen” ist ganz anderer Art: — ist eine absolute Gewißheit der Seele in geistigen Dingen, und hat mit wissenschaftlicher Erkenntnis nicht das allermindeste zu tun.

 

Zwar ist es ihnen erdenmenschlich erwünscht, daß, wer zu ihnen gehört, auch einen verstandesmäßigen Einblick  hat in die irdischen Gebiete,  die  mit dem Verstände  zu  fassen sind: — sie erwarten also, daß jeder  der Ihrigen einigermaßen über die Allgemeinbildung seiner Zeit und seines Volkes verfüge — aber  dem strengen Sinn ihrer rein geistig bestimmten Gesetze nach könnte auch jeder Hirte, der nicht einmal seinen Namen zu schreiben vermag und fern aller Kultur aufwuchs, einer der  Ihrigen sein,  vorausgesetzt, daß er dazu geboren ist, denn der „Meister” wird nicht „gemacht”,  so wenig, wie man aus einem künstlerisch Unbegabten ein künstlerisches Genie machen kann.

 

 

Es erübrigt sich eigentlich, zu betonen, daß ein „Meister” des hehren Kreises, den die groteske  „Theosophie” der  letzten Jahrzehnte als „Weiße Loge” bezeichnete, — ein wirklicher „Mahâtma”, — in des Wortes  wahrer  Bedeutung: ein  „Großbeseelter”, oder: eine  „Große Seele”, — an jedem Orte der Erde geboren  werden kann,  nicht  etwa nur in Indien, China oder Tibet, und daß es an sich völlig gleichgültig ist, ob er  in früheren oder in späteren Lebensjahren in Konnex mit dem Zentralpunkt „aller Brüder auf Erden” kommt, ob er als Jüngling oder als Greis die Spiralen der geistigen Schulung durchläuft, die  ihn  eines Tages erwachen läßt als legitimen Nachfolger und Erben eines dahingegangenen Meisters, der auch weiterhin bei der Erde bleibt, dergestalt, daß er nun sich mit dem Geiste seines Nachfolgers vereinigt und ihm so seine  bereits vollendete Meisterschaft überträgt.

 

Erst dann ist der zum Meister Geborene auch de facto „Meister”, erst dann ist er sich seines Priestertums „nach der  Ordnung des Melchisedek” bewußt. —

 

Im Laufe seiner Entwicklungsjahre hatte er vorher die verschiedensten Phasen okkult-geistiger Möglichkeiten zu durchlaufen, so wie das Kind im Mutterleib alle Stadien der  Lebewesen durchläuft, die unterhalb der  Stufe  des irdischen Menschen liegen.

 

Auf  diese  Weise stand der  noch Unvollendete  auch  einmal an einem  Entscheidungspunkte, der  es ihm freistellte, zum Fakir oder zum geistigen Meister zu reifen. —

 

 Er hatte Kräfte in sich entdeckt, die es ihm bald leicht gemacht haben  würden, die unerhörtesten scheinbaren „Wunder” zu vollbringen, und  die Versuchung, auf der  Stufe  des  Fakirs zu verharren, war groß  für ihn. Dadurch,  daß  er die  Kraft besaß, dieser Versuchung zu widerstehen, bezeigte er sich als einer der überaus seltenen, wirklich Erwählten, aber  er  hatte damit auch auf  die  okkulten Fakirkräfte seiner Natur  ein unverletzbares Siegel gedrückt, durch das sie  für alle Zeiten gebunden bleiben, falls nicht  der  im substantiellen reinen Geiste verharrende, urheilige „Alteste” der Brüder auf Erden dem späteren Meister geistig  erlaubt, dieses Siegel  zu entfernen, was aber nur in vielen Jahrtausenden vielleicht einmal geschieht, und nur im Dienste einer Mission, die auf gar keine andere Weise zu erfüllen wäre.

 

Um aber durch die Beihilfe eines  wirklichen Meisters eine „Bewegung” ins Leben zu rufen, wie sie von der Begründerin der „Theosophischen”  Gesellschaft  unter Berufung  auf  ihre vermeintlichen „Meister” ausging: — um die von jedem Fakir und  jedem Zauberer-Lama verlachten albernen  spiritistischen Tassen- und Briefkunststückchen ausführen  zu können, die sich in der Nähe dieser abnormen Frau angeblich  abspielten, wird diese  Erlaubnis natürlich  nie und nimmer gegeben! Ich hoffe, man wird meine Ironie verstehen! —

 

Es ist fast unbegreiflich, daß ernsthafte Männer von den berichteten Phänomenen  völlig überwältigt, allen Ernstes zu  dem Glauben gelangen konnten, eine nicht nur ethisch  hochstehende, sondern auch  ganz im geistigen Leben des Kosmos wurzelnde, rein geistige  Gemeinschaft gäbe sich zu derlei Firlefanz her, nur um ihre „Souveränität über die Naturgesetze” auf solche triviale Weise zu zeigen.

 

 

Die Kräfte, über die ein geborener und in seinem  Irdischen zur Vollendung gelangter Leuchtender des Urlichts auf dieser  Erde verfügt, — ein wirklicher „Meister” der  geistigen  „weißen Loge”, — wenn wir diese  nun einmal  geläufig  gewordene Bezeichnung, trotzdem sie  rein willkürlich ist, als Notbehelf beibehalten wollen — würden sich schwerlich eignen, um damit äußere Phänomene zu bewirken, durch die er in Konkurrenz mit dem erstbesten  entwickelten  Fakir zu treten vermöchte.

 

Im äußeren Leben auf dieser Erde ist jeder wirkliche geistige Meister den gleichen Naturgesetzen unterstellt, wie alle übrigen  Menschen,  und  hat  längst freiwillig darauf verzichtet, die Kräfte zu gebrauchen, durch die er als erklärter oder geheimer Fakir in den Ruf eines Wundertäters hätte gelangen müssen.

 Um den Preis dieses Verzichtes hat er allerdings eine Kraft erlangt, die, wie die Königin in einem Bienenstock, unzählige andere  Kräfte unter sich vereinigt, die alle  durch sie nur dem  Willen des Meisters dienen, und allen anderen zum Verderben gereichen müßten.

 

Diese  hohe  Kraft und  die ihr untergeordneten Kräfte wirken  zwar zurück  bis in die äußere physisch-sinnliche Erscheinungswelt,  obwohl  ihr  Ursprung  hier nicht mehr wahrgenommen  wird, allein die Wirkungsebene, auf der diese  Kräfte durch einen wahren  geistigen Meister in Tätigkeit gesetzt werden können, ist allen verschlossen, die nicht wie er als Leuchtende des Urlichts  geboren und  in jahrelanger Schulung vollendet wurden.

 

Nur unbewußt reicht jeder Menschengeist auf dieser Erde in jene hohe Sphäre hinein, und so ergibt sich die Möglichkeit, von dorther alle Menschen zu erreichen.

 

 

Während aber bei  den meisten Menschen eine Inspiration in  jener  Sphäre völlig wirkungslos bleibt, weil ihre höheren geistigen  Organe  in  einer  Art  Totenstarre verharren,  gibt es doch auch in  jedem Zeitalter eine große Anzahl, bei  denen die geistigen Organe  höherer Art bereits in Tätigkeit sind, auch wenn diese Tätigkeit von dem Gehirnbewußtsein des irdischen Menschen noch nicht registriert wird.

 

Diese Vorgeschrittenen, die durch eigene Arbeit an sich selbst bereits eine Art spontaner, unwillkürlicher Tätigkeit ihrer höheren geistigen Organe erzielten, bilden, — obwohl auch sie es in ihrem irdischen Gehirnbewußtsein nicht  wissen, — die eigentliche Gemeinde derer, die den geistigen Einfluß der „Meister”, der im Urlicht Leuchtenden, erfahren.

 

Bewußt wird dieser Einfluß  erst dann, wenn die höheren geistigen Organe eines solchen Menschen genügend entfaltet sind und wenn der Wille, aus der Latenz erwacht, die Inspirationen, die er aus seinem höheren Geistesbereich empfängt, stets so  ehrlich  durchzuführen bestrebt ist, daß die Gefahren, die einen Unvorbereiteten beim Erwachen der höheren geistigen Organe bedrohen, bei ihm als ausgeschaltet gelten können.

 

Es ist nur ein Schutz, den die Natur den Hilflosen gewährt, da ja  Menschen  nicht mit  völlig  erwachten  höheren  Geistesorganen zur Welt kommen,  wenn sie die Bedingung  stellt, daß  diesem Erwachen erst eine jahrelange ausdauernde Arbeit an sich selbst vorausgehen muß, und daß der zum Erwachen Dringende nicht  wirklich zum Erwachen kommt, bevor er die Prüfungen  bestand, die seine  moralische Widerstandskraft gewährleisten.

 

Wäre  das nicht, dann würden die höheren geistigen Organe des Menschen, die seine höchste  Glückseligkeit bedingen, ihm nur dazu dienen, in absoluter Verzweiflung  und  Hoffnungslosigkeit  sich selbst geistig zu vernichten, ohne daß der Verzweifelnde auch nur ahnen würde, wozu er sie gebrauchte.

 

 

Man glaube aber auch hinwiederum nicht, daß jene, die zwar noch nicht „erwachten” und dennoch schon den geistigen Einfluß der „Meister” empfangen, diesen Einfluß in gar keiner Weise empfinden könnten.

 

Wohl wird  er empfunden,  aber man ahnt seine  Ursache nicht und  deutet zumeist auf eine platt rationalistische Art, oder befangen in abergläubische oder religiös gefärbte Vorstellungen, was man lediglich dem Einfluß der „älteren Brüder” auf hochgeistiger Ebene zu danken hat.

 

Dieser Einfluß besteht nicht, wie man meinen könnte, in der Eingebung besonderer Ideen  aus der Erkenntniswelt der geistigen Meister, wenn  auch ein solcher Einfluß bei  höher  entwickelten  Individuen nicht absolut ausgeschlossen ist, sondern er erstreckt sich zumeist lediglich auf eine Kräftezuleitung, — auf geistig veranlaßte  Hilfe, — die den  betreffenden Menschen in  den Stand setzt, durch seine geistigen höheren Organe solcher Dinge innezuwerden, die in der Richtung seiner eigenen höheren Impulse liegen.

 

 

Es wurde gesagt, daß die Meister „jedes Volk und jeden  Einzelnen” geistig zu erreichen wissen,  aber wenn  auch schon ganze Völker unter ihrem lange dauernden Einfluß standen, so geschah dies nur, weil diese Völker auffallend viele Einzelne hervorgebracht hatten, die in den Einflußbereich der Meister des  Lichtes auf hoher geistiger Ebene zu gelangen vermochten. Man kennt auf Seiten dieser rein geistigen Gemeinsamkeit weder Vorrechte noch Vorurteile in Bezug auf „Volk”, „Nation” oder „Rasse”, insoferne  es sich um Aufnahmefähige  geistigen  Lichtes handelt. Man hat es immer nur mit den Einzelnen zu tun, aus denen alle diese irdisch  getrennten Menschenkomplexe  gebildet sind.  Die Zugehörigkeit  zu Rassen und Völkern oder zu deren  Parteien ist  auf jener hohen geistigen Ebene, auf der  die Leuchtenden  im Urlicht wirken, nicht nur durchaus belanglos, sondern auch in keiner Weise  mehr wirksam oder auch nur erkennbar!  Hier  herrscht wirklich  eine, — allerdings rein geistige, — „allgemeine Bruderschaft” derer, die in diesen geheiligten Bereich gelangen  konnten. Alles  Destruktive bleibt ihm schon aus eigener Abneigung fern  und wäre  ihm niemals assimilierbar.

 

 

Jedoch gibt es in diesen hohen geistigen Sphären nur insoweit „Freiheit”, als sie durch  die Einordnung in die Bindungen des  kosmischen  Gesetzes  sich  erringen läßt, während  es  niemals eine  „Gleichheit” gab noch geben wird, denn in diesen  Regionen herrscht allein das Gesetz der  Hierarchie,  ein  Gesetz, das jedem Einzelnen mit unerbittlicher Notwendigkeit die ihm vorbehaltene Stelle anweist. Der gotische Dom ist das vollkommenste Abbild dieser hierarchischen, kosmischen Ordnung! Während die Mauersteine nach Tausenden zählen, verringert sich schon die Anzahl der Steine, die zu  Pfeilern brauchbar sind, und der Fialen des Turmes werden weniger und noch weniger, bis zuletzt ein einziger Stein die Kreuzblume bildet.

 

So  verschiedenwertig aber alle  diese Steine auch sein mögen, so sind sie doch alle zur Harmonie des  Ganzen von gleicher  Notwendigkeit,  und  hierin  allein kann  man einen  Ausdruck der  „Gleichheit” sehen. Es  herrscht  eine  absolute Unterordnung, von der Kreuzblume und den  weithin sichtbaren  Fialen des Turmes  an bis zu den verstecktesten Steinen  der Fundamente, die keine andere Aufgabe haben, als das ganze Gebäude  zu tragen.

 

Nicht anders ist es in der geistigen Welt, deren ewige Harmonie nur durch die  unbeirrbare Wirkung des hierarchischen Gesetzes gesichert ist.

 

Wenn wir das Bild des gotischen Domes in anderem Sinne beibehalten wollen, dann ist die verborgene geistige Aufgabe der Leuchtenden im Urlicht, als Meister des Tempelbaues, gewissermaßen: — geistige Hilfeleistung bei  der „Steinmetzarbeit” der einzelnen an  sich selbst arbeitenden „Steine”  die  Hilfe  brauchen  bei  ihrer Selbstformung. — Es wäre jedoch nutzlos, daß sich ein geistiger, lebendiger „Stein” beklagen würde, weshalb er nicht zu einem Pfeilerstein oder einer Turmfiale werden könne, während er vielleicht nicht zu entbehren ist als einer der vielen Mauersteine, die das  Gewölbe des Domes nach außen stützen.

 

 

Das „Wissen” des wirklichen Meisters der kosmischen Baukunst, dem die ewigen Baupläne vorliegen, ist ein absolut sicheres  Seelenwissen, kein Erschließen und kein Errechnen, kein Wissen im Sinne einer irdischen Wissenschaft.

Ein Beispiel möge das verdeutlichen. — Jeder Mensch  mit gesunden Augen weiß, daß er bei geöffneten Augenlidern zu sehen vermag.

Der  Vorgang, den  wir  „Sehen” nennen, ist aber, wissenschaftlich betrachtet, äußerst komplizierter Art, und es gehört eine Menge  Denkarbeit dazu,  ihn soweit zu  begreifen,  wie er gedanklich  erfaßbar ist.

 

Die Meister halten es in diesem Falle mit dem allernaivsten Menschen oder dem Kinde…

 

Sie wollen nicht mehr und nicht weniger als sehen können, und es genügt ihnen zu „wissen”, daß sie sehen.

 

Die irdisch-wissenschaftliche  Untersuchung dieses Vorganges ist für ihre übermaterielle Welt in jeder Weise belanglos, aber sie wäre darüber  hinaus noch ausgesprochen  schädlich  und  in höchstem Grade verwerflich, denn da hier Tätigkeit und Untersuchung der Tätigkeit nicht wie im irdisch-wissenschaftlichen Prozeß des Erkennens  zu  trennen sind, so  würde durch  die Untersuchung  die Tätigkeit selbst unmöglich gemacht.

 

Mit anderen Worten: auf rein geistigem, überweltlichen Gebiet  läßt  sich nur bei vollkommenster Naivität absolut sichere Erfahrung gewinnen, und  sehr vieles, was irdischer Wissenschaft so wichtig erscheint, daß sich gläubig-fromme Wissenschafter zu der Hoffnung  verstiegen,  es  müsse wohl im „Jenseits” auf alle ihre Fragen „restlose  Aufklärung” geben, wird  auf geistiger Ebene nicht nur als wissensunwert, sondern als verderblich betrachtet.

 

Man sieht  dort  in  jeder  analytischen  Wissens-Sehnsucht nichts anderes als das Unheil, das den Menschen aus dem „Paradiese” jagte: — man sieht darin einen Ausdruck der Unvernunft, die nicht besser handelt, als ein Mensch, der ein Uhrwerk, um  seinen geheimen Mechanismus zu  ergründen,  in scharfe Säuren legen würde, damit es, in Atome aufgelöst, ihm Aufschluß gäbe.

 

Man weiß in  jenen Sphären, daß  jedes analytische Wissen-Wollen zur entgegengesetzten Richtung führt, gegenüber dem kosmischen Gesetz, das aus Kräftepunkten im Chaos Formen werden läßt, deren wirkliche Erklärung sich erst in höchsten geistigen Formen findet. Man weiß dort,  daß jede höhere Form die niedere durchleuchtet, daß aber alles Schließen vom Niederen aufs  Höhere, auch  wenn  es  in gewissen Grenzen befriedigende Resultate  zu gewähren scheint, dennoch ein  trügliches Erschließen darstellt.

 

Dies  ist auch der Grund,  weshalb es keinem wirklichen  geistigen Meister einfallen wird, dem Alltagsgeschehen seiner Zeit, die für seine  Zeitbegriffe stets  nur ein winziges Zeit-Atom bedeuten kann, mehr Aufmerksamkeit zu widmen, als für sein  persönliches irdisches Leben  gerade unumgänglich nötig ist.

 

 

Atavistische  okkulte  Überbleibsel,  wie „Hellsehen” und ähnliches, sind bei  seiner von Geburt an gegebenen Artung von vornherein ausgeschlossen.

 

Es gibt kein untrüglicheres Zeichen für einen „falschen” Meister, mag er auch guten Glaubens sich für einen geistigen Meister halten, als wenn  man  etwa von ihm weiß, daß er „Hellseher” ist.

 

Jeder Hellseher sieht nur, bestenfalls, verborgene  Dinge, die in  den  Bereich der unsichtbaren physischen Welt fallen. Glaubt er Geistiges zu sehen, dann ist er lediglich den Spiegelungen  irdisch entstandener Vorstellungsbilder  erlegen, die wie eine Fata Morgana von  tausend und aber tausend Bildern, die physische, normalerweise  unsichtbare Aura dieses Planeten erfüllen.

 

Es  gab  auch noch niemals einen wirklichen echten geistigen „Meister”, der in irgendeiner Hinsicht  etwa  „allwissend” gewesen wäre!  Alles, was abergläubische Schwärmer oder gewissenlose Betrüger in dieser Hinsicht zu jeder Zeit zu verbreiten wußten, gehört in den Bereich der Fabel.

 

Würde ein wirklicher geistiger Meister in Dingen des  irdischen Lebens  ungewöhnlichen Scharfsinn bekunden, so läge das lediglich begründet in seiner persönlichen menschlichen Begabung, denn niemals würde er in diesen  Dingen okkulte Hilfe in Anspruch nehmen können, ohne das bindende  Gesetz zu  durchbrechen, mit dessen absoluter Anerkennung aus freiem Willen er steht und  fällt. —

 

 

Auch ein geistiger „Meister” kann, soweit sein Irdisches in  Frage kommt, noch „fallen”, aber auch er nur kann als Irdischer die einzige „Sünde” begehen, für die es „keine Vergebung”  gibt — „die Sünde  gegen den heiligen Geist”, — die in seinem Falle widerstrebendes, überhebliches Ignorieren Dessen in ihm  ist, was durch ihn sich offenbaren will. Er verschwindet dann aus  der geistigen Welt, lautlos, wie ein  erloschener Stern versinkt im Weltraum.  Sein Name ist ausgetilgt aus dem „Buche des Lammes”, das „sieben Siegel” trägt.

 

Gewiß  kann das Ewige eines solchen Verbrechers im Geistigen niemals mit seinem geistigen Selbstmord vernichtet werden, aber sein  Individualbewußtsein löst sich in  Jahrtausende dauerndem  Zersetzungsprozeß  allmählich  auf  im allgemeinen planetarischen Bewußtsein, und sein letztes individuelles Wissen um sich selbst sagt ihm nur, daß er sich selbst verurteilt hat, in qualvolle Nacht zu versinken.

 

Er ist „Luzifer”,  der  gestürzte Leuchter, der vor dem Throne des Ewigen stand, und  es  ist wahrlich  keine  „Erfindung herrschsüchtiger  Priester”,  daß es, so lange die Erde Menschen  tragen  wird, eine „Hölle” gibt, daß dieser Planet umgeben ist von einem Heer von „Teufeln”, die nichts anderes sind, als gefallene „Gottessöhne”, die nach ihrem Fall nicht  Ruhe finden können, bis der Abgrund des Chaos den  letzten  Funken ihres  Bewußtseins verschlingt.

 

„Der  Teufel aber  geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen könne.”  —

 

Unter  lebenden Menschen  auf dieser Erde haben sich diese Gefallenen Helfers-helfer verschafft,  indem  sie ihre Jünger mit allen Fakirkünsten vertraut machten, denen sie selbst einst abgeschworen hatten.

 

  Sie erhalten sie in dem Wahn, sie seien nicht „gefallen”, sondern über ihre ehemaligen Brüder emporgestiegen, sie wüßten jetzt, daß  deren selbstauferlegte Bindung an ewige Gesetze frommer Trug sei. Alles, was  auf Erden als  teuflisch, böse und gemein gilt, erklären sie ihren Schülern als erlaubt, und so erhalten sie bis auf den heutigen Tag im Innern Asiens ein satanisches Zerrbild der geistigen Gemeinschaft des Lichtes, — einen Pfuhl schauderhafter Greuel, dessen giftige Miasmen alle niedrig  stehenden  Menschenrassen  verseuchen, die aber auch auf der westlichen Erdhälfte nicht wenige  unbewußte Opfer fordern. Hierher gehören  auch die über ganz Asien  und andere Erdteile verbreiteten  Geheim-Bünde, Bruderschaften  und geheimen Sekten, denen der Mensch aus religiösen  Gründen  als  ein Nichtseinsollendes gilt, die aber  charakteristischerweise in erster Linie  die Ausrottung des weißen Menschen anstreben.

 

 

Ich weiß wohl, daß sich so mancher Leser noch mehr gegen diese Mitteilungen sträuben  wird, als gegen das, was  ich  von der nun einmal so bezeichneten  „weißen Loge” sagte.

 

Er  wird hier den „Aberglauben alter Religionen” in neuem Gewände wittern.

 

Aber die Lehrer der alten Religionen, die Priester der alten Kulte,  waren zum großen Teil „Wissende”, und so verhält sich die Sache umgekehrt, indem jene alten Darstellungen ein mehr oder weniger verschleiertes Wissen um die Wirklichkeit bergen.

 

Ich trage hier nicht Phantasien vor und erzähle keine Märchen!  Ich spreche nur von Tatsachen, die nicht dadurch aus der Welt  zu schaffen sind, daß man ihre Tatsächlichkeit leugnet.

 

Des wirklichen geistigen Meisters unbestreitbares  Vorrecht gegenüber  anderen Menschen ist eine absolute Erfahrungssicherheit in rein  geistigen Dingen und seine  Macht, auf hoher geistiger Ebene Bedingungen zu schaffen, durch die in niederen geistigen Sphären bis herab zu der unsichtbaren physischen Aura dieses Planeten nach Möglichkeit Unheil verhütet wird.

 

Der Kampf gegen seine ehemaligen Brüder, die in ihrem  „Falle” alles  mit sich reißen möchten, was sie erreichen können, ist eine seiner vornehmsten Aufgaben.

 

Da aber dieser Kampf niemals angreifend, sondern stets nur durch Verhinderung der Anschläge geführt werden kann, wird die Aufgabe in demselben Maße erleichtert, in dem es gelingt, Menschen auf die Gefahr aufmerksam zu machen.

 

 

Die Menschen der heutigen Zeit werden aber niemals die Gefahren, die sie unsichtbar umdrohen, ernst  zu nehmen vermögen, solange der ganze geistige „Meister”-Begriff derart ungeklärt und problematisch bleibt, wie das bis jetzt der Fall war.

 

Solange dem  gesunden Menschenverstand noch zugemutet wird, an „Meister” zu glauben, die auf dieser Erde leben und gleichzeitig als Halbgötter über dem Leben  des Menschen stehen, solange man noch an „Mahâtmas” glauben  soll, die je den indischen  Fakir  noch an Trivialität ihrer Produktionen überbieten, solange man gar in der Bruderschaft der Leuchtenden  eine „Große Schule der  Naturwissenschaft” sehen soll (die natürlich unendlich „mehr” weiß als alle Vertreter der Naturwissenschaft  an  unseren Hochschulen!), solange kann man es keinem ernsthaft Denkenden übelnehmen, wenn er nur ein mitleidiges Lächeln für die Kunde von einer solchen Gemeinschaft bereit hat.

 

„Geheimnisvoll  am lichten Tag” bleibt trotzdem Vieles, was den vollendeten echten geistigen Meister angeht, und man hat nicht nötig, seine  Existenz mit bedenklichen mysteriösen Schleiern zu drapieren.

 

 

Im äußeren Leben ist er ein Mensch wie jeder andere und darf niemals seine rein  geistigen Möglichkeiten zur Erhöhung seines äußeren menschlichen Lebens mißbrauchen.

 

Er ist auch keineswegs etwa infolge seiner Geistigkeit ein menschliches „Genie” oder gar ein „Heiliger”.

 

In seinem äußeren Menschenleben werden ihn nur sehr geübte Augen  zu erkennen vermögen.

 

Hier ist er ein Mensch und nichts weiter!

 

Erst auf geistiger Ebene beginnt seine „Meisterschaft”, und daß er,  als ein irdischer Mensch, es vermag, gleichzeitig in beiden Regionen bewußt zu sein und auch in der geistigen Welt handelnd aufzutreten, das dankt  er dieser Meisterschaft, die ihm angeboren ist, und seinem menschlich gefestigten Willen, der ihn von einem gewissen Tage an befähigte, die  Spiralen geistiger Schulung bis zur Vollendung auf geistigem  Gebiete  zu durchlaufen,  trotz aller äußeren und  inneren Gefahren und Hindernisse.

 

Geheimnisvoll im äußeren Leben, — und zwar auch für die Beteiligten selbst, — bleibt die ständige geistige Verbindung zwischen einzelnen Meistern, mögen sie auch an den entgegengesetzten Enden der Welt leben, und  die Verbindung  aller Meister mit ihrem  verborgenen irdischen Zentralpunkt im Innern Asiens. Aber kein wirklicher Meister  würde hier jemals den Schleier lüften, auch wenn es ihm möglich wäre, und alle die schönen Erklärungen okkultistischer Bücher, alles Heranziehen des Allerweltsbegriffes „Telepathie” können niemals die „Methode” einem  Menschen begreiflich  machen, der sie  nicht selbst auszuüben imstande ist. Einem solchen aber genügt es völlig, daß er sie ausüben  kann, und  er wird niemals in Versuchung kommen, sie, und sei es auch nur für sich selbst, „wissenschaftlich” erklären zu wollen.

 

Allen anderen  aber möge  es genügen, zu wissen, daß ein wirkliches Glied der „weißen Loge”: — also  ein wirklicher Leuchtender des  Urlichtes — auch durch Wort und Schrift niemals etwas in Bezug auf rein geistige Dinge lehren wird, ohne völlige Übereinstimmung mit seinen  Brüdern und mit seinem wie ihrer aller geistigen Oberhaupt im ewigen Urlicht.

 

Nur für  geistige  Dinge  besitzt  ein geistiger „Meister” absolute  Gewißheit! In  allen  anderen Angelegenheiten  und menschlichen Wissenszweigen hängt seine Glaubwürdigkeit lediglich von seiner Erfahrung und seinem alltäglicherweise  erlernten Wissen und Können  ab. —

 

Möchten diese Erläuterungen dazu dienen, in den geistigen Augen der Menschen meiner Zeit einen „blinden Punkt” auszutilgen, der die Ursache ist, daß jedes Weltbild lückenhaft bleiben muß, wie sehr es auch im übrigen logisch gefügt und harmonisch vollendet erscheinen mag!

 

Möge einigen, die „das Licht” zu suchen unternehmen, das Vertrauen  erleichtert werden, daß ihr Weg behütet  ist — „von den Meistern des lichten Tages”, den Baumeistern am Dome der Menschheit, denen der Meister aller Meister die Maßeinheit des „Ecksteins” zu eigen gab, der alle geistige „Maßgerechtigkeit” in  sich enthält!