Kultmagie und Mythos:

Kult als Magie

Aus  einem  Dienste, den  man gleich dem Königsdienst, den Göttern, die  man selbst  geschaffen  hatte,  einst zu  schulden glaubte, hatten des Urlichtes Leuchtende den Kult zur Kult-Magie  erhoben.

Noch aber durften zu  selbiger Zeit nur Erlesene hier um letztes Geheimnis wissen.

Noch war die Überzahl der Menschen keineswegs herangereift, das Wissen  um ihre eigene Geistesmacht ohne Schaden für  die Seele  zu ertragen.

So sehr bleibt stets  der Menschengeist  dem «Tiere» dieser Erde, das ihm Zuflucht wurde,

unterworfen, daß auch die allermeisten Menschen  dieser heutigen  Tage an der Seele Schaden  leiden würden, wüßten sie um ihre Macht im Unsichtbaren.

Doch  braucht  die  letzte Wahrheit heute trotzdem  keine  Hülle, da jene,  denen sie nicht taugt, sie ihren Augen selbst verbergen,  mag auch im hellsten Sonnenlichte sie vor aller Welt erscheinen. –

Sicherster  Schutz wird ihnen durch  ihren entkräfteten Glauben!

 

 

So läßt sich heute denn von vielen Dingen reden,  die  einst  die  alten  Weisen  einem glaubensstarken und dem Unsichtbaren eng verbundenen  Geschlecht verbergen mußten, wollten sie es vor sich selber schützen.

Auch heute werden es  nur die  Erlesenen sein, die das Geheimnis ihrer geistigen Macht erfahren, denn sie allein  sind fähig, es zu fassen! –

Nur  sind die Erlesenen heute reicher an Zahl als jemals vorher in der Zeiten Folge…

Ihnen allein kann Seelengut und Erlebniserregung werden, was hier zu Worte wird! –

 

 

Vom Kulte sei hier die Rede, soweit er als Magie sich  auswirkt um des Menschen willen!

Die  Gottheit,  die des Menschen  bedarf um sich dem Menschen zu offenbaren, heischt wahrlich keinen Kult um ihretwillen, allein der Kult, der in Magie sich auswirkt, kann den  Geist des Menschen  aus dem  Schlaf im  «Tiere» lösen und ihm ein Reich des Wirkens  neu erschließen,  das ihn  erkennen lehrt, daß ihm auch dort noch Hilfe wird, wo alle Macht des «Tieres» ihre Grenzen fühlt.

 

 

Das Wort «Magie» ist sehr in Mißkredit gekommen.

Die  Charlatane  aller  Zeiten  haben es entwertet.

Und dennoch wirkt Magie auf allen Wegen!

Zum  Fluche wird sie  allen die sie nützen wollen,  ihren Erdentiereswünschen feil zu sein…

Zum Segen wandelt sich ihr Wirken, wenn die Liebe ihr begegnet! –

Darum ist alle hohe Kultmagie so mächtig, weil  in ihr, verborgen unter  manchem dichten Schleier, dennoch die Liebe wirkt! –

 

 

Von Kultmagie kann nur die Rede sein wenn Viele sich  zu magischem Tun in Einem einen, und solche Einigung bedarf der Liebe. –

Hier wird das Mysterium enthüllt, das in den Worten noch erhaltener Kultfragmente immer wiederkehrt, wenn jenes neueren Kultes Priester die Gemeinde segnen:

«Der Herr sei mit euch!» und wenn dieser Segen dann aus der Vielheit stets zurückhallt:

«Und mit deinem Geiste!» –

 

 

Mag  auch für  die Allermeisten, die gemeinsam sich  bei  solchem  Kulte  finden, längst  dieser Segensspruch zu  bloßem Formelwort entwertet  sein, so bleibt er doch als Hinweis auf die Vorbedingung aller hehren Kultmagie bedeutungsvoll…

Hier soll in  altgegebener Form die Seeleneinigung  sich vollziehen,  durch die dem magisch Wirkenden die Kräfte  aller die an seinem Wirken Anteil nehmen, liebend übertragen werden . –

Mit dieser ungeheuren aufgetürmten Seelenkraft beginnt nun und  vollendet  hier  der Einzelne,  in  sich vereinigend den Willen Aller, das hohe magische Werk. –

Die Deutung, die man  diesem Werke gibt, liegt hier weit außer dem Bereich  der Wirksamkeit!

Was hier geeinter Wille, glaubensstark und in  dem  magischen Geschehen  durch  die Liebe, die den eigenen Glauben  in  dem Anderen liebt, verbunden,  heiß erstrebt, ist durch kein  «Dogma» zu berühren! –

Die  Gottheit, die durch diese  Kultmagie veranlaßt werden  soll, dem Menschengeiste sich für Augenblicke innerlich, als in  diese Welt  der Erdensinne  nun  erfaßbar  eingegangen, zu  bezeugen, ist  wahrlich aller Wirkung  solchen magischen  Geschehens  sehr entrückt, allein der Gläubige wird  dennoch letzte Wirklichkeit erleben.

 

 

Der uralt heilige Kult, der hier zu neuem Leben  kam,  sah  in dem  Brote,  das  der Mensch als  Nahrung braucht, und in dem Weine, der als Trank der Kräftigung galt, da er der Sinne Leben steigerte, die irdischen Substanzen, die am  meisten würdig waren, die Gottheit  in sich aufzunehmen, sollte sie magisch sich der Materie einen.

Zwar war  es  der  Mensch, der  für  sich selber diese Einigung suchte, allein: noch sinnlich ungebrochen,  konnte sie ihm nur Erlebnis  werden durch  die  sinnliche Erfahrung.

Wie anders sollte der Gott sich mit ihm vereinen, als durch Speise und Trank, da nur durch  Trank und Speise  Fremdes sich ihm einverleiben konnte!

 

 

  Hier ist nicht zu fragen:  wie etwa Materie  durch  Magie  verändert  werden könne, – hier ist nur bedeutungsvoll, was im  Bewußtsein  des  Gläubigen sich vollzieht, der Brot und Wein in sich aufnimmt, nicht  als  irdische Materie, sondern als die ihm sinnlich faßbaren Träger der Gottheit, wie  immer  er  sie auch  benennen mag. – –

Wer in  den Reichen des Unsichtbaren bewußt und erlebnisfähig wurde, der weiß auch, daß sich der inbrünstig Gläubige bei solchem Kultmahl keineswegs betrügt.

 

 

Nicht Brot und Wein bewirken freilich die für die Zeit der höchsten Konzentration nach ihrem Genüsse  mögliche «Schwingungsänderung»  der eigenen Geistessubstanz, so daß sie für  diese  Momente wahrhaft göttlichgeistiges Leben  aufzunehmen fähig werden kann, sondern allein die magische Kraft,  die der Glaube aus sich erzeugt.–

 

 

Noch haben nur wenige  erkannt, was diese magische Kraft vermag, wenn  sie zu gleich  von Vielen ausgeht,  die  alle  des gleichen Willens und  des  gleichen Glaubens sind.

Es ist diese akkumulierte Kraft, die zurückströmt auf jeden Einzelnen  der des gleichen Glaubens und  Willens ist, selbst dann, wenn  er nicht bei ihrer Erweckung während  der Kulthandlung beteiligt war. –

 

 

So baut denn auf wahrlich gut gesichertem Boden,  was als ältesten Kultes Erbteil heute in neuerer Gestaltung noch vorhanden  ist  und  vielen  derart  befremdlich dünkt, daß sie nur finstersten Aberglauben zu erkennen  wähnen. –

Die  Deutung aus seinem,  ihm unantastbaren Mythos,  die  dem Gläubigen unumstößlich gewiß erscheint,  obwohl nur sie allein den  Kult der Sphäre menschlichen Irrens  nahebringt, ändert nicht  das Mindeste daran, daß  Kräfte hier zur Auswirkung gelangen, die durch den Kult erweckt, sonst tief verborgen im  Menschen ruhen. –

 

 

Der Weckung dieser Kräfte dient die eigentliche  Kult-Magie: eine  Magie der Zeichen, die von dem sie Ausübenden verlangt,  daß  sein  eigener  Körper nach streng bestimmtem Rhythmus und in streng gegebener Folge selbst sich zu magischen Zeichen  forme, – eine Magie der Laute, die ebenso streng bestimmte Lautfolgen und solcher  Lautfolgen öftere Wiederholung fordert.

Der begriffliche Sinn der Gebete,  in die sich diese Lautmagie verhüllt – nicht alle  Gebete, die der Kult verlangt, sind solchen magischen Charakters – kommt  für die erstrebte Wirkung keineswegs in Betracht.

Aus dieser Lautmagie erklärt es sich, daß die Hälfte des noch erhaltenen Kultes vernichtet wäre,  wollte man das  gesprochene Wort, das er fordert, nicht mehr in jener alten Sprache sprechen, aus der er hervor gegangen ist…

 

 

  Ob jene, die den  Kult noch üben, wissen,  was sie tun, ist ebenso belanglos wie die Deutung, die sie ihm zu geben haben, und wie die Gründe, die sie geltend machen, wollen Neuerer ihn verändern.

 

 

Kultmagie ist keine  bloße  «Symbolik»!

Kultmagie ist ein Wirken nach strengen Gesetzen, zur Auslösung magischer Kräfte, die im Menschen verborgen sind!

 

 

Altehrwürdig und  um Jahrtausende älter als man zugestehen  möchte – vorausgesetzt, daß man es erahnt – ist jener Rest eines alten Kultes, der diesen heutigen Tagen noch erhalten blieb! –

Altehrwürdig ebensowohl in  dem  seit fast  zweitausend Jahren bestehenden Kulte, auf den hier vornehmlich meine Worte deuten, wie in dem zeitlich jüngeren, den man noch im Inneren Asiens übt! – – –

 

 

 Daneben aber  sind  noch  gar manche Fragmente  alter magischer Kulte bei  den verschiedensten  Völkern der Erde zu finden.

Oft hält man für einen Kult «auf primitiver Stufe », was nichts anderes ist, als ein solches degeneriertes  Teilstück  aus  einem  hohen Kulte  vorgeschichtlicher  Zeit, – wie denn auch die Völker, um die es sich handelt, keineswegs erst  am Anfang, sondern am ruhmlosen  Ende ihres ehedem unvergleichlich höheren Geisteslebens stehen. – –

Wie  hohe  Kultur der Vertiertheit weichen mußte, so trat dann an die Stelle hohen magischen Kultes,  finsterer  Fetischdienst und Zauberbrauch.

Im Zerrbild  endet, wenn der Mensch dem «Tiere» und damit dem Dämon dieser Erde sich ergibt, was er einst schuf, auf daß es ihn der Gottheit nahe bringen sollte…