Das Mysterium von Golgatha:

Okkultistische Übungen

Seitdem der grobkörnigste philosophische Materialismus abgewirtschaftet hat und die Naturwissenschaften nicht mehr als alleinseligmachende Erkenntnisquellen gelten, tritt so mancher, der früher den Himmel „Engeln und Spatzen” überlassen zu können glaubte, den Problemen des Übersinnlichen nahe, und da er von seinem früheren Forschen her eine Arbeitstechnik mitbringt, die dort zu Erfolgen führte, so glaubt er auch ohne weiteres, diese Technik, diese „Methode”, auf das ganz andersartige Gebiet des Übersinnlichen übertragen zu können.

 

 Was er aber bestenfalls dabei erreicht, läßt ihn nur zu bald erkennen, daß er hier mit untauglichem Werkzeug hantiert.

 

 Entweder gibt er dann sein Forschen überhaupt auf, in der Meinung, dort, wo sein Werkzeug nicht brauchbar sei, könne auch nichts Reales zutage gefördert werden, oder aber, er experimentiert weiter und verfällt der unsichtbaren Region der physischen Welt, die er dann für das gesuchte „Geistige” hält. Da sie ihm nur sehr spärliche, zweifelhafte Resultate liefert, so fängt er dann früher oder später an, nachzuhelfen, indem er durch spekulatives Denken ersetzt, was ihm die Wirklichkeit schuldig bleibt.

 

 

Hier handelt es sich aber immer noch um sehr ernst zu nehmende Leute, während sich gleichzeitig auch ein Typus breit macht, der nur den Schein der Wissenschaftlichkeit raffiniert benutzt, um ein wüstes Mystagogentum zu propagieren, um Anhänger für die liebe eigene Person oder für irgend einen in seinem früheren, noch wirklich wissenschaftlichen Streben sich nicht genug gewürdigt fühlenden Gernegroß zu werben.

 

 Nun wird da schleunigst aus allem, was man an mehr oder minder einwandfreier Quellenliteratur zusammengelesen hat, eine „Geisteswissenschaft” gebraut, und an diesem Zaubertrank erlaben sich alle, bei denen es rein wissenschaftlich trotz Doktorat und Würden doch nicht so recht auslangen wollte, und die nun hier ein Gebiet vor sich sehen, auf dem man sich nach dem gefeierten Vorbild des „großen Lehrers”, recht frei von jeder wissenschaftlichen Kontrolle, ergehen kann, und, mir nichts, dir nichts, in den Ruf eines großen „Eingeweihten” gelangt, wenn man nur die „Übungen” recht eifrig betreibt, die der Herr „Geheimlehrer” vorschreibt und deren er für jeden, der zu ihm kommt, eine reiche Auswahl auf Lager hält. — „Übungen”, die aus den Exerzitien des Ignatius von Loyola, aber auch aus den übelsten Traktaten okkultistischer Sudelköche des Orients und Okzidents mit gleicher Fingerfertigkeit und mit gleicher Verantwortungslosigkeit herausgegriffen wurden. —

 

 

Was schadet es, wenn hier und da einer der „Geheimschüler” im Irrenhaus landet, wenn die armen Mädchen nahezu kanonischen Alters, die den „Geheimlehrer” umschwärmen, hysterisch werden, oder wenn die allzu harmlosen Gläubigen völlig an Geist und Körper zugrunde gehen!

 

 Die „Geheimwissenschaft” will ihre Opfer haben, und der Herr Geheimlehrer hat sich seine Getreuen ja längst so erzogen, daß sie wie auf Kommando über den armen Verlorenen herfallen, und ihm alle Schuld an seinem Mißgeschick aufbürden; denn beileibe darf es nicht gewagt werden, an der Infallibilität des „großen Lehrers” zu zweifeln, sonst könnte ja Gefahr drohen, daß man selbst seine eigene schöne Position als Kardinal eines solchen neuen Papstes verlieren würde, ja, die ganze Zirkuspantomime, die da aufgeführt wird, könnte ein ungewollt frühzeitiges Ende finden.

 

 So regnet’s denn „Übungen” auf „Übungen” immer weiter, und die Massenpsychose steckt an wie der Keuchhusten, denn es finden sich ja immer noch genug hornartig widerstandsfähige Gehirne, die all diese Prozeduren aushalten, und wer sie wirklich auszuhalten vermag, der ist dann dauernd gewappnet gegen jede Einrede des gesunden Menschenverstandes, gegen jede ernsthafte psychologische Kritik an dem, was in ihm vorgeht; — er kann gar nicht mehr anders wollen, als der „große Lehrer” will, und dieser will bescheidenerweise ja nichts anderes, als die Welt zu seinen Füßen sehen, auf welche Art das auch erreicht werden mag.

 

 

Doch sehen wir einmal von solchen Clownspossen ab, die schließlich nur entstehen konnten, weil die Zeit reif dazu war und weil unsere Zeit krank ist, elend krank, — so daß sie sich in ihrer Not, aus der ihr die ordentlichen Ärzte nicht mehr recht helfen können, gierig auf die Pillen und Schmierpflaster der Quacksalber stürzt.

 

 Wir wollen hier vielmehr ganz im allgemeinen untersuchen, welcher wirkliche Wert vielleicht doch „okkultistischen Übungen” zukommen könnte, denn auch außerhalb der oben gekennzeichneten Kreise gibt es ja genug Leute, die alles Erdenkliche und Unerdenkliche von „okkultistischen Übungen” erwarten, oder sich selbst mit den törichtesten Zeremonien und seelischen Turnkunststücken abquälen, weil sie hoffen, auf diese Weise der Weltordnung ein Schnippchen zu schlagen und „das Zaubern” zu lernen, — zum mindesten aber so klug wie die Schlange des Paradieses zu werden, die bekanntlich wußte, wie man „wie die Götter” wird. Ihre gläubigen Schüler haben nur offenbar den berühmten Apfel nicht „in der richtigen Weise” gegessen, wodurch der Unterricht nicht so ganz die rechten Erfolge brachte. —

 

 

Das ist’s eben mit den „Übungen”: — man darf ja nichts versehen dabei, sonst wird halt das Gegenteil von dem erreicht, was man erreichen wollte, und das ist dann schlimm.

 

 So sagen sie alle, die großen „Adepten” der Magie, die zwar selbst keinen Strohhalm auf andere Weise bewegen können, wie Hinz und Kunz, die aber alle Riten, Zeremonien, Formeln und Übungen kennen, die dazu nötig sind, alle Weltgesetze im lustigen Wirbel nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen.

 

 Es wäre ein leichtes, aus dem Schrifttum über „Magie”, soweit es von alter Zeit her erhalten ist und soweit es die neuere Zeit vermehrte, eine Riesenbibliothek zusammen zustellen; aber man zeige mir auch nur einen einzigen aus den begeisterten Verehrern dieser Schriften, der dahin gelangt wäre, wirklich und jeder Kritik standhaltend, irgend eines der Resultate zu erzielen, die dem Novizen dort mit geheimnisvoller Umständlichkeit versprochen werden, wenn er die Anweisungen genau befolgt, von denen ihre Urheber sagen, sie hätten dadurch Resultate erlangt. —

 

 Alle die zum Teil doch auch recht gescheiten Köpfe, die sich ihr Hirn durch solche Lektüre verwirren ließen und nichts dabei sonst erreichten, haben es eben „nicht richtig” gemacht. —

 

 

Aber da war einmal Einer, der sagte: „Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkörnlein nur, so könnt ihr zu diesem Berge sagen: ,Geh’ von da dorthin!’ und er wird dahin gehen, und nichts wird euch unmöglich sein.”

 

 Und an anderer Stelle berichtet man das gleichsinnige Wort von ihm: „Wenn ihr einen Glauben wie ein Senfkorn habt, so könnt ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: ,Reiß dich aus und setze dich ins Meer!’ und er wird euch gehorsam sein.”

 

 Auch er hatte Schüler, und sie baten ihn: „Stärke uns den Glauben!”

 

 Und hier sind wir endlich an dem Kernpunkt der echten Magie, der praktischen Geistes-Weisheit!

 

 Auch hier gibt es „Übungen”, aber sie sind recht wesentlich anderer Art, und sie führten noch jeden zu greifbaren Resultaten, der ihnen oblag, — nur sind das keine „okkultistischen” Übungen, so geheimnisvoll ihr Bereich auch bleibt, und wer sie betreibt, der braucht weder Zeremonie noch Ritual, braucht keine Beschwörungsformeln, noch abenteuerliche Zitationen, und wirkt doch durch die „Magie des Wortes”, durch die er das „Urwort” erreicht, in dessen „Namen” er alles vollbringt. —

 

 

Aber dieser „Name” ist nicht ein Wort aus irgendeiner Sprache, das nur auf eine geheimnisvolle Weise betont werden muß, sondern eben jene erhabene Kraft, die der Meister der Evangelien den „Glauben” nennt, und des „Namens” geheimnisvolle „Aussprache” ist die Kunst aller Künste: — die Kunst, diesen „Namen” in sich zu erleben. —

 

 Alle „Übungen” dieser wahren Magie zielen einzig darauf hin, den Glauben in sich erleben zu lernen und wollen nicht etwa „okkulte Künste” lehren, wollen nicht angebliche „Hellseher” oder Fakire bilden.

 

 Allerdings sind wirkliche geistige Übungen auch, einesteils zwar leichter, andernteils doch etwas schwerer zu vollbringen, als das, was man „okkultistische” Übungen nennen muß, denn sie verlangen nicht nur wie diese eine stundenweise „Konzentration”, sondern sie wollen den ganzen Menschen, all sein Tagewerk, sein ganzes Tun und Lassen; — sie wollen einen „neuen” Menschen aus dem Material erstehen sehen, das bis dahin der Darstellung des „alten” diente, und der Umwandlungsprozeß darf keine Schlacken übrig lassen.

 

Alles, was bis dahin der Auswirkung des Lebens diente, muß nun sich selbst aufgeben, um aus dem „Glauben” zu leben. —

 

 

 Wie versteht man doch das Wort vom „Glauben” falsch, wenn man annimmt, dieser hier geforderte Umschwung, der den Menschen fähig machen soll, im „Glauben” zu leben, sei eine „Meinungsänderung”, beziehe sich auf das im Vulgärsinn „gläubige” oder „ungläubige” Verhalten irgendwelchen Berichten „heiliger” Bücher gegenüber, — sei bestimmt durch Ablehnung oder Zustimmung in bezug auf gewisse Behauptungen religiöser Lehrer! —

 

 Wenn der „selig” wird, der da ,,glaubt”, so wird er es wahrlich nicht, weil er irgendeine metaphysische Lehre für richtig hält, sondern weil er die Kunst erworben hat, die Kraft zu gebrauchen, von der hier die Rede ist, weil er aus dem „Glauben”, aus der Kraft des „Namens” lebt, der das Wort ist, das „bei Gott” und das da „Gott” ist!

 

 Man „glaubt” in rechter Weise, weil man den „Glauben” hat, wie man lebt, weil man das Leben hat.

 

 

Vor dir liegt eine Rübe auf dem Felde. Ich bringe dich in Hypnose und zwinge dich durch meine Suggestion, zu „glauben” (hier nicht im alltäglichen Sinne gemeint), du seiest außerstande, die Rübe aufzuheben, und du wirst dich vergeblich mühen, sie vom Erdboden auch nur zu lockern. —

 

 Ich befreie dich aus der Bindung der Hypnose, und du hebst die gleiche Rübe mit Leichtigkeit auf, ja, du wirst jeden verlachen, der an dieser deiner Fähigkeit zweifeln wollte, denn jetzt glaubst du nicht mehr (im alltäglichen Sinne) nur an die Richtigkeit des Satzes: „ich kann eine Rübe vom Acker aufheben”, — an diesen Satz glaubtest du ja im Sinne des Fürwahrhaltens auch in der Hypnose, trotz meiner gegenteiligen Suggestion, sonst hättest du dich gar nicht bemüht, es dennoch zuversuchen, — sondern jetzt „glaubst” du wirklich, d.h. du fühlst in dir die Kraft, die Rübe aufzuheben, und diese Kraft, mittels der du auch tatsächlich jederzeit diese Rübe aufheben kannst, ist nichts anderes als der von dem Meister der Evangelien verlangte „Glaube”. Allerdings soll er auf etwas wichtigere Dinge angewandt werden, als auf diese arme, im Bilde nun schon fast zu Tode gehetzte Rübe! —

 

 Dieser „Glaube” ist nicht die durch Erfahrung gewonnene Gewißheit, daß man etwas tun könne, sondern die Kraft, mittels der man es tatsächlich tun kann!

 

 Es llegt eine unsagbar feine Ironie in dem doppelsinnigen Wort, das der Meister von Nazareth an den ungläubigen Thomas richtet: „Weil du gesehen hast, Thomas, hast du geglaubt” (den Bericht für richtig befunden), „selig aber sind, die da nicht sehen” (nicht durch Erfahrung Gewißheit haben), „und doch glauben.” —

 

 Ein wunderbares Wortspiel des Meisters mit dem Wort „glauben”, wobei er es zuerst im alltäglichen Sinne gebraucht, dann aber am Schluß auf die Lehre anspielt,die er jahrelang verkündet hatte. —

 

 Mag der Ausspruch „historisch” sein oder nicht, so zeigt er doch mehr als manches andere, in welcher überlegenen Art der Meister zu lehren pflegte, wie er den Scharfsinn der Seinen anzuspornen wußte und keineswegs immer auf Wortspiel und Ironie verzichtete.

 

 Es liegt hier aber durchaus nicht der einzige Ausspruch dieser Art vor, und manches Wort, das die gleiche Prägung zeigt, hat im Laufe der Zeit zu wildem Dogmenstreit den Anlaß gegeben…

 

 

Wie aber verhält sich denn die von ihm verkündete Kraft, die er aus guten Gründen, trotz aller Irrtumsmöglichkeit, den „Glauben” nennt, zu dem, was „okkultistische” Übungen zutage fördern wollen?

 

 Da gilt es nun vor allem, sich klar darüber zu werden, daß es zwei ganz verschiedene Arten erdensinnlich unerfaßbarer Kräfte gibt, je nach dem Lebensbereich des universalen Seins, dem sie angehören.

 

 Beide sind — jeweils in ihrer Region — „das einzig Wirkliche”, das aller Erscheinung zugrunde liegt, und beide stehen in ihrem Bereich um eine Stufe tiefer, als das, was durch sie vermittelt wird.

 

 Wenn ich sage, daß diese Kräfte in ihrem Bereich allen „Erscheinungswelten” (es gibt deren physische wie geistige) zugrunde liegen, so will ich das so verstanden wissen, wie wenn ich sagen würde, daß jedem Gemälde, gleichgültig, was es darstellt, die Farben zugrunde liegen, daß die Farbenmaterie an ihm „das einzig Wirkliche” ist, obwohl das durch die Farbe Dargestellte von einer weit bedeuten deren Wirklichkeit Kunde zu geben vermag, — die aber hier nur durch die Farbenmaterie mir bewußt werden kann. —

 

So wird uns das ganze physische Universum nur bewußt, weil ihm, — hinter allen Formen „einzig wirklich” — die okkulten Kräfte der physischen Natur zugrunde liegen, weil wir, als Teil dieser Natur, dem Körperlichen nach, selbst eine dieser physischen okkulten Kräfte sind, und in unserem anscheinend „grobstofflichen” Körper das Instrument, der feineren, fluidischen Körperkräfte besitzen, das den meisten schon als die Seele gilt, das aber auch die anderen Tiere dieser Erde mit uns gemeinsam haben, wenn auch in sehr verschieden starker Ausprägung seiner Fähigkeiten. — —

 

 Wie nun aber das ganze physische Universum sich nur darstellt als Wirkung physischer okkulter Kräfte, so stellen sich auch die geistigen Welten nur dar als Wirkung real geistiger okkulter Kräfte, und diese wieder sind — für sich betrachtet — nichts anderes als: das Reich der flutenden Seele, das zwischen physischer Weltdarstellung und geistiger Erscheinungswelt mitteninne liegt.

 

 Wie wir in der physischen Welt nur wahrnehmen, nur „bewußt” sein können, weil wir selbst eine ihrer physischen okkulten Kräfte sind und in unserem Körper die feineren fluidischen Kräfte dieser Welt tragen, so auch können wir Geistiges nur wahrnehmen, — können wir im Geistigen nur bewußt werden, — weil wir selbst auch gleichzeitig eine der geistigen okkulten Kräfte sind und in uns einen geistig-okkulten oder Seelenorganismus tragen, ohne den die geistigen Welten, deren „Substanz” diese Seelenkräfte sind, uns niemals wahrnehmbar sein könnten, ohne den wir niemals im Geiste bewußt zu werden vermöchten.

 

 

Wenn man nun das treibt, was man eigentlich unter „okkultistischen Übungen” versteht — es gehört dazu alles, was die Inder „Hâta - Yoga” nennen, und vieles andere, was schon seit alter Zeit auch bei uns im Okzident gepflegt wurde — dann bedient man sich lediglich der feineren, fluidischen Kräfte des Körpers, wirkt lediglich auf die okkulten Kräfte der physischen Welt auf diese Art ein, und man wird, nach unwandelbaren Gesetzen des physischen Universums, dadurch den Wesenheiten dienstbar und verhaftet, die in dem unsichtbaren Bereiche der physischen Natur ihre Wirkungsfelder haben, man verfällt unfehlbar der „Besessenheit” — man hat, wie der Volksmund sagt, — seine Seele „dem Teufel verschrieben”, — denn die eigentliche Seele, der okkulte geistige Organismus, wird im gleichen Grade geschädigt, in dem die feineren fluidischen Kräfte des Körpers diesen Wesenheiten, die jenseits von gut und böse, ohne Verantwortung und Moral sind, ausgeliefert werden. —

 

 Es tritt ein Schwinden, ein allmähliches Loslösen aller wirklichen Seelenkräfte ein, die den individuellen, ewigen Seelenorganismus bilden sollten, und als deren Diener allein die feineren fluidischen Kräfte des Körpers hätten wirken sollen.

 

 Man kann tatsächlich zu staunenswerten Fähigkeiten gelangen durch Hâta-Yoga oder ähnliche „Übungen”, bei denen nicht zuletzt ein gewisses Atem-Training in Verbindung mit Fasten, sexueller Enthaltsamkeit, vegetabiler Diät und ähnlichem eine große Rolle spielt, aber — den Welten des Geistes kann man so niemals nahen, ja man verschließt sich selbst die Pforte, die zum Reiche deswesenhaften Geistes führt, und keine Macht der Erde vermag sie für dieses Erdenleben jemals wieder zu öffnen.

 

 

ES ist ein Glück zu nennen, daß diese „Übungen” denn doch nicht so leicht auszuführen sind, als die Zauberlehrlinge glauben, ja, daß die wirksamsten Methoden dieser Art — obwohl sie manche Orientalen kennen, — zum wenigsten auf der westlichen Seite dieser Erde fast unbekannt sind.

 

So treibt gar mancher, der nach „okkulten Kräften” strebt, gefährliches Spiel, nur macht er es, trotz aller Anstrengung, glücklicherweise „nicht richtig”, und die solche „Übungen” weitergeben, haben auch nur „etwas läuten hören”, während ihnen, zum Heile der Menschheit, doch das Wesentlichste verborgen blieb. —

 

Aber auch bei allem Zufallserfolg, der mitunter eintreten kann, hat der Unglückselige, der solche „Übungen” praktizierte, doch nichts anderes erreicht, als daß er mit Hilfe von Wesenheiten, vor denen ihn Entsetzen packte, könnte er sie sehen, wie sie sind — irgendwelche okkultistische Kunststücke zuwege bringt (meist nur zum Schaden seiner Nebenmenschen!) oder den tollsten Täuschungen erliegt, die ihm durch die Einwirkung solcher Wesen vorgegaukelt werden.

 

Es ist eine Art aktiver „Spiritismus”, wenn man die medianime Betätigung der „Spiritisten” passiven „Spiritismus” nennen will.

 

 Das Ende eines Menschen, der diesen Weg einmal betreten hat, ist niemals erfreulich und noch weit schlimmer zumeist, als das Ende der meisten „Medien”.

 

 Ich habe an anderen Orten genugsam davon gesprochen…

 

 

Im schärfsten Gegensatz, sowohl zu der Methode als zu dem Resultat solcher Praktik im Bereich der okkulten Kräfte der physischen Welt, steht die Betätigung der magischen Kräfte des Geistes, die Benutzung der Seelenkräfte zu wahrem magischen Werk.

 

Schon bei Heliodor finden wir im dritten Buche seines auch literarisch hochgeschätzten Romans „Aethiopica” die von höchster Weisheit zeugende Stelle:

 

„Die eine Magie ist für den Pöbel und wandelt sozusagen immer niedrig auf der Erde; sie hat mit Gespenstern zu tun und balgt sich mit Leichen. Die andere aber, die wahre Weisheit, um die wir Priester und Propheten uns von Jugend auf mühen, blickt zum Himmel empor, verkehrt mit den Göttern und hat Teil an der Natur der machtvollen Wesen…”

 

 Wer wollte hier noch im Zweifel sein, welche Art Magie der hohe Meister aus Nazareth lehrte! — —

 

 Und die Anweisungen, die er gibt, um zu dieser wahren Magie zu gelangen, führen von Stufe zu Stufe aufwärts.

 

 Man lese die Bergpredigt, und man wird wissen, welche allgemeine „Vorübungen” ihm ganz unerläßlich erscheinen; wenn man aber nach „Übungen” für die Fortgeschrittenen sucht, dann spricht jedes seiner Gleichnisse für Bände, ganz abgesehen davon, daß er sehr deutlich zu seinen eigentlichen Schülern sagt:

 

 „Euch ist es gegeben, das Geheimnis des Reiches der Himmel zu erfassen, den andern aber wird es nur durch Gleichnisse.”

 

 

In den Gleichnissen sagt er das, was als „Übung” allein nötig ist: Die Einstellung des Bewußtseins auf die Regungen der Kräfte der Seele, und die Folgeleistung,die der Wille diesen Anregungen schuldig ist.

 

 Seinen eigentlichen Schülern aber zeigte er auch die Wirkungsweise der geistigen Gesetze.

 

 Ihnen zeigte er, weshalb das getan werden muß, was im Gleichnis anempfohlen wird.

 

 Ihnen gab er auch Aufschluß darüber, wie man „böse Geister” vertreibt, eben jene Zwischenwesen des unsichtbaren Teiles der physischen Welt, sobald sie der Seele Schaden zufügen.

 

 So führt er, — bald verstanden, bald mißdeutet von den Hörenden, — seine Schüler ein in gar manche Weisheitslehre, die dem Kleinsten und Unmündigen „offenbart werden” kann, den Neunmalklugen und Aufgeblasenen aber „verborgen bleibt”. —

 

 Und trotzdem sagt er das Wort: „Ich hätte euch noch vieles zu sagen, aber ihr könnt es jetzt noch nicht tragen” und weist die so Belehrten darauf hin, daß für jeden wahrhaft Vorbereiteten „der Geist der Wahrheit”, der wahrhaftige göttliche Geistesfunke in das wahre Seelen-Ich komme: — der „lebendige Gott”, — der sie „alle Wahrheit” lehre, der nur aus dem „Seinigen” nähme, auch wenn er einst aus anderem Munde reden werde. —

 

 Geheimnisreich bleibt dieses Wort in seinem Doppelsinn, weil alles, was der Gesalbte selbst gegeben hatte, aus dem Meere der geistigen Schätze des „lebendigen Gottes” war, den er in sich trug und mit dem er vollbewußt sich vereinigt hatte, wie jeder der „Seinen”, die er nach sich kommen sah.

 

 „Wenn ich aus mir selbst reden würde, wäre ich ein Lügner, aber ich rede nicht aus mir selbst, sondern was der Vater mir gesagt hat, das sage ich euch!”

 

 Keiner derer, die aus der Wahrheit reden, sagt das, was er lehrt, aus sich selbst und niemand ist berechtigt, den Weg der Einigung im Geiste zu zeigen, wenn er den Vater nicht lebendig in sich trägt: wenn er nicht vollbewußt mit seinem „lebendigen Gott” in Ver-Einung lebt. —

 

 

Es ist nicht nötig, daß ich hier aufs neue alle Anweisungen wiederhole, die ich an so vielen Stellen und in so vielerlei Weise bereits gegeben habe.

 

 Es war mir verstattet, auch manches zu sagen, das einst der Meister von Nazareth seinen Schülern, seinen „Jüngern” noch nicht geben konnte, weil es „zu schwer” für sie gewesen wäre, und ich durfte dies nur deshalb, weil alles dieses längst seither, wenn auch in verzerrter Form, der Allgemeinheit bekannt geworden ist, ohne daß sie dessen achtet.

 

 Ich mußte über diese Dinge Aufschluß geben, weil die verzerrte Form, in der bislang der Menschheit davon Kunde kam, unsagbares Unheil schon verschuldet hat und weil diesem Unheil endlich Einhalt geboten werden sollte. —

 

 Es ist aus diesem Grunde wichtig, die Erkenntnis zu verbreiten, daß die okkulte Welt der physischen Natur nur von solchen allenfalls gefahrlos betreten werden kann, die von Geburt an Eignung dazu besitzen und dann von einem berechtigten Führer zur sicheren Beherrschung der hier wirkenden Kräfte geschult wurden.

 

 Führer aber sind hier allein die Leuchtenden des Urlichts, die „Meister” der „Weißen Loge”, die freie Beherrscher der okkulten Kräfte physischer Natur werden mußten, bevor ihnen die Schlüssel in diesem Erdendasein überantwortet werden konnten, die allein jene Pforte öffnen, durch welche für alle Menschen dieser Erde der Weg zu den Reichen des Geistes führt. — —

 

 Wer die Fähigkeit, durch die Kräfte des feineren, fluidischen Körpers zu wirken, auf diese Weise rechtmäßig erworben hat, der kann auch durch sie im gegebenen Falle Segen schaffen.

 

 Allen anderen aber müssen diese Kräfte zum Unheil gereichen.

 

 

Was aber allen, ohne Ausnahme, Segen bringt, das ist die Entfaltung der okkulten geistigen Kräfte, der Kräfte der Seele.

 

 Wie man diese Kräfte gebrauchen lernt unter sicherer innerer Führung, die für jeden sich einstellt, der selbst in ehrlicher ernster Weise durch die Tat beginnt, diese Kräfte zu üben, das lehrt in ausführlichster Weise die von mir aufgezeichnete Lehre, die aus keiner anderen Quelle schöpft, als aus dem Born der ewigen Weisheit, den der hohe Meister aus Nazareth, den „Geist der Wahrheit” nannte, und den er als ewig unversiegbar kannte: — auch noch den fernsten Geschlechtern Segen spendend.