Du wirst gewiß glauben, es sei keine „Kunst”, zu sterben, – es sei vielmehr ein böses Müssen, und es lerne sich von selbst. – –
Gleich dir denken Unzählige, und tagtäglich verlassen Unzählige durch ihr Sterben den irdischen Körper, ohne daß sie jemals die Kunst des Sterbens gelernt hätten.
Vielen kommt der Tod unerwartet „wie ein Dieb in der Nacht”, – anderen kommt er wie ein gefürchtetes Gespenst, – anderen als endlich erscheinender Erlöser von ihren Leiden, – und wieder andere rufen ihn selbst herbei, weil sie durch ihn Befreiung von Sorge und Not, Leibes und der Seele, erwarten.
Selten aber trifft der Tod einen, der die Kunst zu sterben versteht. – –
Um diese Kunst zu verstehen, mußt du zu lebensfrischer Zeit gelernt haben, was der „Tod” ist, was „Sterben” bedeutet!
Du mußt gleichsam in der Fülle deiner Kräfte „auf Probe” sterben, damit du zu sterben verstehst, wenn der Tod dich überrascht. – –
Sterben ist nicht ganz so leicht, wie viele meinen, aber es ist auch nicht allzu schwer, wenn man es vorher in krafterfüllter Zeit gelernt hat…
Jede Kunst will geübt sein, und ohne Übung lernt man auch nicht das Sterben.
Gleichwohl hat man es eines Tages durchzumachen, ob man es nun versteht, oder nicht. –
Die meisten Menschen fürchten sich vor dem Sterben, weil sie nicht recht wissen, was dabei vorgeht.
Jene aber, die sagen, sie fürchteten sich nicht, gleichen Kindern die in einem Boot aufs hohe Meer hinausfahren, ohne die Gefahren des Meeres zu kennen. – –
Du aber sollst wie ein Steuermann sein, der Winde und Strömungen kennt, und der da weiß, welche Länder ihn auf der anderen Seite des Meeres erwarten.
Du sollst lernen, den Kurs deiner wohlausgerüsteten Barke zu bestimmen.
„Sterben” nennt man das Aufgebenmüssen des irdischen Leibes und seiner Sinnesorgane, wenn dieses Aufgeben für immer und ohne Widerruf erfolgen muß, weil der Leib aus physischen Gründen nicht mehr imstande ist, sich zu erhalten.
Ein sehr ähnlicher Vorgang erfüllt sich jedesmal wenn du dich zur Ruhe niederlegst und dem Schlafe überantwortest, – nur verlierst du dabei bloß zum Teil die Herrschaft über Leib und Sinne, während sie dir im Tode vollständig und unwiederbringlich verlorengeht.
Du siehst, wie Natur dich gleichsam auf solche Weise selbst das Sterben lehrt!
Du kannst das Sterben auch ähnlich voraus erfahren bei einer Ohnmacht, oder bei künstlicher Verdrängung des Bewußtseins aus deinem Körper.
Allein du erfährst bei alledem immer nur den allerersten Teil des Vorganges, – es sei denn, deine inneren, geistigen „Sinne” wären bereits soweit in dir erwacht, daß du „auf der anderen Seite” des Daseins zu dir selber kommen kannst, und dich dann, zu deinem Erstaunen, auch ohne den Körper der Erde im Leben findest…
Besitzest du diese Erfahrung aber noch nicht, dann können dir deine Träume im nächtlichen Schlafe dazu dienen, dir wenigstens ein Verstehen des bewußten Lebens ohne physischen Körper zu vermitteln, obwohl das „jenseitige” Leben wahrlich Anderes ist als nur ein „Traum”. –
Ich muß hier nur an das Leben im Traume erinnern um deinem Verstehen zuhilfe zu kommen.
So, wie du im Traume dich bewußt, empfindungsfähig, denkend und handelnd findest, – so, wie du auch im Traume in einem „Körper” lebst und ihn frei gebrauchst, obwohl dein physischer Leib ruhig auf seinem Lager im tiefen Schlafe liegt, – so findest du dich auch körperlich gestaltet, bewußt, empfindend, denkend und handelnd, wenn du auf der anderen Seite des Daseins deine geistigen „Sinne” gebrauchen kannst und dadurch dort zu dir selbst kommst, sei es nun bloß vorübergehend, oder – wie im Tode des Erdenleibes – für die Dauer.
Ein wesentlicher Unterschied besteht nur darin, daß du im Traume lediglich die stets wieder zerfließenden Gebilde deiner plastischen Phantasie erblickst, die durch tausend physische und psychische Anreize scheinbares Eigenleben gewinnen, während du, um wach zu werden in der objektiv gegebenen geistigen Welt, – gleichviel in welchem ihrer Bereiche dein Erwachen erfolgen kann, – das Reich der Träume ebenso verlassen mußt, wie du es verläßt um wach zu werden in der physisch-sinnlichen Erscheinungswelt. –
Hast du das Reich der Träume „überstiegen”, dann erst betrittst du das Reich des Geistes, das unschwer auch von deinen lebhaftesten und „natürlichsten” Träumen zu unterscheiden ist, denn du bist dort vermöge deiner geistigen Sinne in einem Zustand des Bewußtseins, dem gegenüber selbst das wacheste Tagesleben auf dieser Erde nur wie ein Schlafwandeln erscheint. –
Du siehst, hörst und fühlst die gleiche ursächliche „Welt”, die du im tagwachen Bewußtsein deines physischen Daseins als physische Erscheinungswelt wahrnimmst, – nur empfindest du sie „von der anderen Seite”. – –
Die dir im physischen Erdenkörper unwahrnehmbare Gestaltung der ursächlichen, wesenhaften Welt ist dir plötzlich wahrnehmbar geworden, und die nur physisch-sinnlich wahrnehmbaren Dinge, die du bisher die „reale” Welt nanntest, werden dir: – „leere Luft”. –
Wenn es auch relativ wenig Menschen sein mögen, die diesen Zustand, noch im Erdenleibe lebend, in sich erfahren haben und auch in der gegenwärtigen Zeit erfahren, so sind es doch viel mehr als man ahnt, denn die meisten Menschen denen solches Erleben wurde, verbergen es instinktiv vor Anderen, sei es aus Furcht vor dem Unglauben ihrer Mitmenschen und dem von ihnen zu erwartenden „Fluch der Lächerlichkeit”, oder aber aus Besorgnis, das geistige Erleben, das als besondere Begnadung empfunden wird, könne entzogen werden, wenn man nicht zu schweigen verstünde.
Es sind zuerst noch keineswegs hohe geistige Bereiche, die von solchen innerlich bewußt Erlebenden betreten werden können, allein es ist stets doch bereits „das andere Ufer” erreicht, auch wenn die dort zum Bewußtsein Erwachten noch lange nicht fähig sind, ins „Innere” des entdeckten „Landes” vorzudringen, oder gar seine ragenden „Gebirge” zu ersteigen. –
Dahin gelangen während des Erdenlebens nur die überaus Wenigen, denen hier auf dieser physischen Seite der ursächlichen Welt das uralte „Erbgut” verborgener geistiger Erfahrung anvertraut wurde: – die geborenen „Hohenpriester”, – die „Meister” des verhüllten geistigen Wirkens und ihre als solche geborenen, legitimen Nachfolger.
Was uns in bewußtem Erleben des „Jenseits” zu gesichertem Erfahrungswissen wurde, wird dir hier gegeben!
Wir sehen täglich und stündlich Tausende von Menschen „das andere Ufer” für die Dauer betreten, ohne daß wir ihnen helfen könnten, denn sie verstanden in ihrem Erdenleben nicht die Kunst des Sterbens, und so kommen sie unbereitet am „anderen Ufer” an, wie Schiffbrüchige, die der Sturm ans Land wirft…
Ratlos irren sie in der ihnen neuen Daseinsform umher und sind nicht imstande, die helfenden Hände zu ergreifen, die sich ihnen entgegenstrecken.
Noch fehlt ihnen jegliches Urteil, ob das, was ihnen begegnet, Gefahr oder Hilfe bringt, und angstvoll schrecken sie zurück, will einer, der sie leiten könnte, ihnen nahen…
So irren sie allein weiter, stets nahe dem „Strande” des Meeres, das sie, – wenigstens für ihr Gefühl, – noch mit der verlassenen physischen Seite des Daseins verbindet, bis sie, gleichsam „magnetisch” angezogen, eines jener kleinen „Strandreiche”: – jener niedersten Gebiete der irdischen Sinnen unerfaßbaren geistigen Seite des Kosmos entdecken, das ihren Vorstellungen, ihrem im physischen Erdenleben gehegten Sehnen und Hoffen entspricht.
Dann wähnen sie, ihren „Himmel” gefunden zu haben, umsomehr, als dies von allen anderen die sie alldort antreffen, ja ebenfalls geglaubt wird…
Die einmal da anlangten, sind ihrem Schicksal für unendlich lange Zeit verfallen.
Nur äußerst selten, und dann nur unter größten Schwierigkeiten, gelingt es uns, einen so Verirrten empor- und herauszuziehen aus seiner selbsterwählten trügerischen „Seligkeit”. –
Da wir aber Umwege vermeiden lehren wollen, und da uns die ewige Liebe also handeln heißt, lehren wir euch die Kunst des rechten Sterbens.
Das Wesentliche dieser Kunst besteht darin, daß man jederzeit, – inmitten von Zukunftsplänen und regester Tätigkeit, bei blühender Gesundheit und frischester Kraft, – in fröhlicher Heiterkeit und sicherer Zuversicht bereit ist, das „andere Ufer” für die Dauer zu betreten, – ohne die Möglichkeit einer Rückkehr.
Es ist ein Zustand des Gemüts, der da gefordert wird.
Mag er auch nicht jedem Menschen leicht erreichbar erscheinen, so darf doch keiner vergessen, daß dieser Zustand allein das rechte Sterbenkönnen bedingt. –
Wen die Dinge des physischen Erdenlebens so festzuhalten vermögen, daß er ihrer nicht entraten zu können meint, – wer sich keinen Zustand vorstellen kann, in dem alle Ziele erdenhaften Begehrens belanglos werden, – der wird schwerlich die Kunst des rechten Sterbens erlernen. –
Richtig und froh auf der Erde zu leben, versteht aber erst der Mensch, der den Zustand der Bereitschaft zu sterben, täglich und stündlich willkürlich in sich zu erzeugen vermag, – frei von jeglicher Furcht und von jeder Traurigkeit. – –
Er weiß, daß nichts von dem, was er hier zurücklassen müßte, – und seien es auch die liebsten Menschen, die sorgebedürftigsten Wesen, – jemals von ihm getrennt werden kann, wenn er nicht selbst die wirkliche Trennung will und durch seinen Willen schafft. –
Er weiß, daß er „hier” bleibt, am gleichen kosmischen „Ort”, – noch näher den Menschen die er liebt, als er ihnen je im Erdenkörper nahekommen konnte. –
Er weiß, daß er nach dem Sterben gewiß nicht göttergleich verwandelt, und keineswegs irdisch „allmächtig” sein wird, daß er aber denen, die seiner Hilfe bedürfen, weitaus mehr zu helfen imstande sein wird, als dies jemals im physischen Leben möglich werden konnte. – –
Wer die Kunst des Sterbens auf solche Weise übt, der weiß fortan, daß es für ihn leicht werden wird, wirklich und unwiderruflich zu sterben, auch wenn der Tod ihn gänzlich unerwartet treffen sollte…
Daß der physische Vorgang des Sterbens nur für den Zuschauer unter Umständen qualvoll ist, daß aber der Sterbende selbst nicht darunter leidet, sondern die Schmerzen seines etwaigen Leidens nur solange noch fühlt, solange er noch nicht gestorben ist, hat die prüfende Beobachtung ärztlicher Forscher längst bezeugt.
Wir aber haben hier nur darzustellen, auf welche Weise das Bewußtsein des Sterbenden den Akt des Sterbens überdauert.
Ist der Sterbende auch bis zum letzten Augenblick vollbewußt, so tritt dennoch im Moment der beginnenden Loslösung des geistigen Organismus von dem bis dahin ihm vereinten, tierhaften Erdenleib, eine Art des , „Schlummers” ein, aus dem das Bewußtsein erst wieder zu sich selbst erwacht, wenn das „Sterben” bereits vollzogen ist.
Im Augenblick dieses Erwachens, das einige Sekunden oder Minuten nach dem äußerlich konstatier baren „Tode” erfolgt, findet sich der Mensch bereits in seinem, ihm nun allein noch Erfahrung vermittelnden geistigen Organismus auf der nur geistig wahrnehmbaren „anderen Seite” der ursächlichen Welt: – der ewigen „Wirklichkeit”, die alle geistige, wie alle physische Daseinsform aus sich ausstrahlt, je nach der sie erregenden Anschauungsweise.
Die bisher durch seine physischen Sinne bedingte Wahrnehmungsfähigkeit des nun Gestorbenen wurde vertauscht mit einer neuen, ihm vorher normalerweise noch nicht bekannten Art des Wahrnehmens, während seine formzeugende Anschauungsweise vorerst noch unverändert bleibt.
Er ist weit davon entfernt, sich etwa für gestorben zu halten, denn er findet sich ja seiner selbst bewußt, wollend, und wahrnehmungsfähig, wenn er auch noch nicht erkennt, daß es geistige Organe sind, die allein ihm jetzt dienen.
Er empfindet sich keineswegs als „gestaltlos”, denn sein bisheriger physischer Körper war ja nur ein mehr oder weniger vollendetes Abbild des durch eigenen ewigen Willen, – wenn auch dem Gehirnwissen „unbewußt” – gestalteten geistigen Organismus, den jetzt das Bewußtsein wahrzunehmen fähig wurde, obwohl es ihn noch nicht als ein vom physischen Körper Verschiedenes erkennt.
So aber, wie der physische Schmerz sofort aufhört, sobald durch entsprechende Mittel ein schmerzendes Glied des irdischen Leibes unempfindlich gemacht wird, – so sind auch die physischen Schmerzen, die etwa ein Sterbender noch kurz vor seinem Tode erlitt, im Augenblick des „jenseitigen” Erwachens völlig verschwunden, da ja der physische Körper, in dem die Ursache der Schmerzempfindung liegt, nun dauernd von dem nunmehr nur sich allein empfindenden geistigen Organismus getrennt bleibt. –
Noch aber ist eine gewisse „fluidische” Bindung durch unsichtbare, subtile und auch dem geistigen Organismus fühlbare, feinmaterielle Ausstrahlungen des bisher gebrauchten physischen Körpers vorhanden, und diese Bindung ist Ursache, daß der jenseitig Erwachte noch mancherlei Vorgänge in der Nähe des Leichnams auf geistige Weise wahrnimmt, obwohl sie in der physischen Welt geschehen.
So empfindet der nun „Jenseitige” die „fluidischen” Influenzen aus der Gegenstrahlung der Menschen die seinen verlassenen Erdenkörper umgeben, empfindet den „Gefühlswert” ihrer Berührungen, wie ihrer Worte, und hat, ähnlich wie ein Blinder, noch ein ziemlich genaues Vorstellungsbild des verlassenen äußeren Raumes, – wenn auch die Täuschung besteht, als werde der Raum noch mit den physischen Sinnen wahrgenommen.
Diese letzten Beziehungen zur physisch-sinnlichen Seite der ursächlichen Welt bleiben noch einige Zeit erhalten, wenn auch die Leiche längst erkaltet ist, aber was solcherart noch empfunden werden kann, verliert von Stunde zu Stunde an Kraft, und die Wahrnehmungsfähigkeit dafür hört vollständig auf, sobald die ersten Zersetzungserscheinungen beginnen.
Denen, die an dem Akt der Leichenverbrennung Anstoß nehmen, oder die gar glauben, der Gestorbene könne dadurch in seinem jenseitigen Leben „geschädigt” werden, sei hier gesagt, daß nach der Zeit, die in den Kulturländern eingehalten wird, bevor man einen Leichnam bestattet, längst jegliche Wahrnehmungsbeziehung zwischen dem geistigen Organismus des Gestorbenen und seinem ehemaligen Erdenleibe aufgehört hat.
Wo aber Feuer als Ursache des Todes wirkt, dort wird, wie bei jeder anderen Todesursache, Schmerz nur bis zum Verlust des physisch gebundenen Bewußtseins empfunden, während nach dem jenseitigen „Erwachen” jede Beziehung zum früheren Erdenkörper erloschen ist, durch die Zersetzung, die das Feuer bewirkte.
Was nicht erlischt, ist das nun durch den geistigen Organismus empfundene Bewußtsein der eigenen Gegenwart, und das klare Sehen und Erkennen aller physisch gegenwärtigen Menschen in ihren geistigen Formen, die ja – abgesehen von den physischen Behinderungen ihrer Darstellung auf Erden – durchaus den irdischen Formen entsprechen.
Gestorbene, deren Bewußtsein während ihrer Erdentage nur wenig über den Bereich des physisch-tierhaften Daseins hinaus wuchs, täuscht der neue Zustand oft so sehr, daß sie auch noch längere Zeit nach ihrem Erdentode nicht bemerken, daß sie nicht mehr im physischen Leibe sind.
Sie wähnen sich nur „genesen”, da ja die frühere Ursache ihrer Leiden nicht mehr besteht.
Vorerst noch in eine Art traumhaften Vorstellens irdischen Erlebens gebannt, mischt sich ihnen die Wahrnehmung der geistigen Form ihrer Angehörigen mit den selbsterzeugten Gestalten des eigenen Traumlebens, und die Gestorbenen begreifen nicht, weshalb man um sie trauert.
Sie versuchen dann oft mit allen Kräften, die wirklich im physischen Dasein Trauernden zu überzeugen, daß kein Grund zum Trauern bestehe, – allein dieses Bemühen wird in der Erregung des Schmerzes von den im Physischen Zurückgebliebenen nicht empfunden.
Erst in der Machtlosigkeit über solche vermeintliche Torheit seiner Angehörigen und Freunde entdeckt dann plötzlich der Gestorbene, daß er nicht mehr mit einem physischen Körper behaftet ist, und erwacht so aus seinem selbstgeschaffenen Traum.
Dann erst beginnt er wirklich „sehen zu lernen”, und seine geistigen Augen öffnen sich für die neue geistige Seite der ursächlichen Welt, deren physisch-sinnlichen Anschauungskreis er verlassen hat, ohne den kosmischen „Ort” zu wechseln.
Hier fängt dann für jene, die nicht „die Kunst des Sterbens” während ihrer Erdentage übten, das geistige Irren an, denn der geistige Organismus eines Menschen wird durch den Tod keineswegs etwa über die bis dahin erlangte Sicherheit im Erkennen hinaufgesteigert.
Zwar sind sogleich hilfreiche Helfer nahe, aber sie werden nicht als solche erkannt.
Statt dessen werden sie von dem in seine physisch-irdischen Meinungen noch verrannten Gestorbenen sehr entschieden und selbstbewußt abgelehnt, so daß sie an aller Hilfeleistung verhindert sind.
Die Gewißheit, das „jenseitige” Leben tatsächlich erlangt zu haben, erweckt auch nicht selten einen grenzenlosen Hochmut, der die von ihm Befallenen erst recht in ihren Torheiten bestärkt.
Wer ganz ans Irdische verhaftet war, oder zu sehr mit seinen Sorgen an Dingen und Menschen hing, zu denen er nun nicht mehr, physisch wirkend, zurückkehren kann, wird bei der Einsicht in die Unmöglichkeit des Zurückkehrens von einer qualvollen Verzweiflung erfaßt, die erst durchgekämpft sein will, bevor er fähig wird, seine neuen Wirkungsmöglichkeiten gegenüber der irdischen Welt, die nun rein geistiger Art sind, zu erkennen. –
Solche aber, die im physischen Leben ganz mit dem Streben nach irdischer Verwirklichung einer „Idee”, und mit den in solchem Streben erzeugten Vorstellungen verwachsen waren, verlieren ziemlich bald fast alles Interesse an der verlassenen physischen Welt.
Sie suchen nur nach einer Gelegenheit, ihre „Idee” nun innerhalb ihres neuen Lebensbereiches verwirklichen zu können und sind blind gegenüber allen neuen Erlebnismöglichkeiten.
Andere wieder suchen nach der ihnen verheißenen und von ihnen gläubig erwarteten „Seligkeit”, und sind nicht wenig erstaunt, sie nicht sofort, und in der Form, die sie sich auf Erden doch so schön erträumten, im „Jenseits” gefunden zu haben.
Allen diesen, mit sich selbst und dem eigenen mitgebrachten Vorstellungsleben Beschäftigten wird schließlich eine Art Erfüllung ihrer Wünsche, indem sie in eines jener niederen geistigen Reiche gelangen, deren unbewußte Mitschöpfer sie schon auf Erden waren…
Auch dieser Übergang ist keine „Ortsveränderung”, denn alle geistigen Welten, – und es gibt deren unzählige, bis hinauf zu der höchsten und reinsten Welt gottgebärenden Geistes, – sind, einander durchdringend, am gleichen kosmischen „Ort”. –
Das bewußte Erleben geistiger Welten, sowie der Übergang aus einer in die andere, ist jeweils von einer gewissen Wahrnehmungswandlung abhängig, die das geistige Bewußtsein für bestimmte Erscheinungen gleichsam „blind”, für andere dagegen „sehend” macht.
Aber gerade diese Wahrnehmungswandlung läßt sich nicht willkürlich hervorrufen, außer von den Meistern der ewigen Darstellung des Menschen im höchsten geistigen Reiche, oder ihren Beauftragten: ihren erwählten Schülern, soweit deren eigene psychophysische Veranlagung dazu geeignet ist.
Jeder Mensch aber, auch wenn er nicht zu den hier bezeichneten Wenigen gehört, kann sich doch immerhin in der Vorstellung mit den Gefühlen, Empfindungen und Bewußtseinszuständen vertraut zu machen suchen, die ihn, entsprechend den hier von uns gegebenen Aufschlüssen, nach dem Tode des Erdenleibes erwarten.
Ich lasse unbesorgt den Einwand gelten, daß ein solches gewolltes Erregen des Vorstellungsvermögens doch immer nur bloße „Bilder” hervorbringen könne, aber keinesfalls zu einem Erleben des wirklichen nachirdischen Seins zu führen vermöge.
Eben darum verlange ich ja, daß man sich bei der Gestaltung der hier nötigen Vorstellungsbilder strengstens an die Darstellungen halte, die ich in diesem Buche gebe, denn nur sehr wenigen Menschen ist es möglich, schon während ihres Erdendaseins den Bereich nachirdischen Seins bewußt kennenzulernen, während es allen Menschen möglich ist, durch das Erwecken wirklichkeitsentsprechender Vorstellungsbilder die Gefühle, Empfindungen und Bewußtseinszustände, die nach dem irdischen Tode zu erwarten sind, gleichsam im voraus zu durchleben.
Ein solches, öfteres Vorauserleben aber ist nötig, will man sicher sein, daß man nach dem erfolgten Abscheiden des Bewußtseins aus der erdensinnlichen Erfahrungsweise sogleich sich zurechtzufinden wisse, und vor allem erkenne, was zu suchen, was zu meiden sei!
Nur wer solche Sicherheit bereits während seines Erdendaseins erlangte, wird nach dem Übergang in die neue, rein geistessinnliche Wahrnehmungsart auch sogleich die helfenden Hände entdecken, die sich ihm dort entgegenstrecken, und wird vertrauend sie zu ergreifen wissen…
Ihm können wir helfen!
Er wußte die Kunst des Sterbens während seiner Erdentage schon zu „erlernen”, und sein Vertrauen auf unsere Belehrung ließ alle Erkenntnisfähigkeit in ihm reifen, deren er nun bedarf.
Vor jeglicher Täuschung und Enttäuschung wird er nunmehr gesichert sein!
Ihn führen wir – vorbei an den mancherlei „Strandreichen”, die irdisches Erträumen und Wähnen sich durch die Kräfte des mißleiteten Willens schuf – sogleich in das „Innere” des nun betretenen „Landes”, allwo liebevolle Leitung ihn dann näher und näher seiner Vollendung bringt.
Er ist ja durch das Aufgeben seines irdischen Leibes durchaus kein „Anderer” geworden!
Es kann ihm nicht plötzlich gegeben werden, was ihm noch fehlt. –
Nur was er auf Erden bereits zu erlangen wußte, bringt er mit, als Besitz.
Was er auf Erden zu binden verstand, bleibt auch im geistessinnlichen Leben für ihn „gebunden”, und was er im Erdenleben zur Lösung brachte, bleibt auch jetzt für ihn „gelöst”…
Allmählich nur kann man ihn immer höher führen, bis er dereinst fähig wird, das erhabenste aller geistigen Reiche zu betreten: – die reine Licht weit seligster und absoluter Erfüllung. – –
Die „Zeiten”, die zu diesem Aufstieg nötig sind, werden bestimmt durch den auf Erden bereits erreichten Grad relativer geistiger Vollendung und durch die aus solcher Vollendung heraus erfolgte Abgeklärtheit des ewigen Willens, innerhalb seiner Bewußtseinsempfindung.
Das „Sterben” aus der irdischen Erfahrungsweise in die geistig-sinnliche Wahrnehmungsart vollzieht sich zwar auch ohne deine Absicht, und was dich „jenseitig” erwartet, wird da sein, auch wenn du an kein „Jenseits” glaubst.
Es ist deinem ewigen Willen aber eine große Macht eingeräumt, da du fähig bist, durch Vorarbeit hier auf der physisch wahrnehmbaren Seite der Welt, all dein weiteres Schicksal sehr wesentlich zu bestimmen.
Voraussetzung ist allerdings ein verantwortungsbewußter Lebenswandel, stets orientiert nach dem hohen geistigen Ziel, das nur in der uneigennützigen Liebe zu allem Lebendigen erreichbar wird.
Auf der „anderen Seite” der Welt, – dort, wo nur mit geistigen Sinnen wahrgenommen wird, – herrscht nicht nur die „Wonne der Seligen”. –
Es gibt dort wahrlich auch Reiche der Qual und Verzweiflung, der zehrenden Reue, und des Wunsches nach Selbstvernichtung, obgleich diesem Wunsche niemals entsprochen werden kann…
Durch diese Reiche aber müssen unfehlbar alle hindurch, die hier auf Erden das Gesetz nicht erfüllen, das Liebe zu sich selbst und allen Mitgeschöpfen von jedem Erdenmenschen verlangt.
Solche „Liebe” ist sehr weit entfernt von jeglicher Art sentimentaler Schwärmerei und allem Gefühlsüberschwang!
Die hier gemeinte, durch geistiges Gesetz geforderte Liebe ist vielmehr die höchste und stärkste Selbst- und Allbejahung so daß der von ihr durchdrungene Mensch sowohl in sich selbst wie in allem Mit-Dasein nur das Positive, das Geistgewollte erfühlt, auch dann, wenn er sich genötigt sieht, sich aufs schärfste der gleichzeitig wirksamen negativen Kräfte der gleichen Erscheinung zu erwehren. – –
Schwersten Verstoß gegen das geistige Gesetz von dem hier die Rede ist, begehen alle, die auf Erden Hand an ihr Leibesleben legen, um aus irgend einem Grunde dem irdischen Dasein und seinen Forderungen feige zu entfliehen.
Solches Tun ist überdies sinnlos und zweckwidrig, denn statt der gesuchten Befreiung findet der durch eigene Hand irdisch Entleibte tausendfach qualvollere Fesselung in wahrlich nicht gewünschte Bewußtseinszustände, denen er nun Aeonen hindurch nicht mehr entfliehen kann.
Es liegt ein gewisser Trost für die Zurückbleibenden in der Tatsache, daß die allermeisten Morde am eigenen Leben von Menschen begangen werden, deren Bewußtsein im entscheidenden Moment krankhaft umdüstert ist, so daß die furchtbare Verneinungstat in einem Zustand erfolgt, den man wohl als spontan einbrechenden Wahnsinn bezeichnen darf, auch wenn dieser Zustand seit langem vorbereitet wurde, durch ein verantwortungsloses „Spielen” mit dem Gedanken an die Möglichkeit der Leibeszerstörung.
Mörder und Gemordeter sind zwar in solchem Falle in einer Person „in Erscheinung” gewesen, aber der Mord ist das Werk eines übermächtig gewordenen Gedankens, den das Opfer solange mit seinen eigenen Kräften belebte, bis er es zuletzt verschlang. –
In solchem Falle trägt dann der Zerstörer seines Erdenleibes nicht die Verantwortung für den Akt des Mordes, sondern das geistige Gesetz erheischt von ihm Ausgleich für alles verkehrte Denken und Handeln, aus dem zuletzt die Tat im Wahn erwuchs. –
Dieser Ausgleich ist zumeist nur erreichbar durch das Ertragen einer zweiten Einverleibung in den tiermenschlichen Körper auf der Erde.
Es handelt sich hier um einen jener Ausnahmefälle, in denen allein die sogenannte „Reïnkarnation” als Möglichkeit in Betracht kommt, während sie bei gesetzesgemäßem Ablauf des irdischen menschlichen Lebens, eben durch den vollzogenen Ablauf, ein für allemal unmöglich wird.
Obwohl aber die Nützung des Erdenlebens zur Vorbereitung auf nachirdische Bewußtseinszustände von größter Wichtigkeit ist, sollst du doch keineswegs glauben, du müßtest nun auf dieser Erde das ängstliche, stets um gesichertes „Seelenheil” besorgte Leben eines kleingläubigen „Heiligen” führen, – eines jener Selbstsüchtigen des Herzens, die sich gar sehr jeder „Sünde” fürchten, aber innerlich frohlockend der „Verdammnis der bösen Welt” gewiß zu sein glauben.
Solche Lebenshaltung würde dich nur dereinst mit aller Sicherheit in eines jener täuschenden „Strandreiche” des Geistes gelangen lassen, die menschlicher Wahn gestaltet hat, ohne um seine eigene Urheberschaft zu wissen.
Ein Leben treuer Pflichterfüllung, voll Liebe zu allem Lebenden, voll Streben nach Herzensgüte und Wahrhaftigkeit, nach Ordnung in deinem Willenshaushalt und nach Veredelung deiner Freuden, – ein Leben voll fröhlichen Glaubens an die endgültige Erfüllung deiner höchsten und geläutertsten Sehnsucht, – wird jederzeit hier auf Erden für dich das beste Leben sein, besonders, wenn du gleichzeitig bestrebt bist, das zu lernen, was ich in dieser Abhandlung „Die Kunst zu sterben” nenne.
ES gibt dann freilich auch noch einen besonderen geistigen Höhenweg, von dem ich schon an anderer Stelle sprach, aber bevor du dein Leben so gestaltet hast, wie mein Rat es dich hier gestalten lehrt, wirst du auf solchem Pfade kaum vorankommen können…
Wer diesen Weg betreten will, der muß frei sein von allem, was etwa seinen sicheren Schritt behindern könnte.
Das kopfhängerische „Muckertum” ist ebenso verwerflich, wie die hohle Geste der ,,Weltverneinung”!
Nicht allen wird der Weg schon gangbar erscheinen, auf dem der Mensch dahin gelangen kann, daß sein „Gott” in ihm geboren wird, aber jeder sollte dennoch von diesem Wege wenigstens wissen, – jeder sollte sich vorbereiten, um ihn hier auf Erden schon, wenn irgend möglich, auch zu beschreiten.
Vielen mag zwar noch die Kraft und Ausdauer fehlen, die dort nötig ist, aber auch alle geistigen Kräfte wachsen durch die Anwendung, und Ausdauer ist auch hier nur denen verliehen, die einem Tun ihre ganze Liebe widmen. – –
Alles, was auf dieser physisch wahrnehmbaren Seite der Welt gedacht, empfunden und gewirkt wird, übt eine stete Wirkung aus in die „jenseitige” Welt.
Die Früchte aller Werke der Tat, die der Mensch hier im Irdischen erstehen läßt, bleiben ihm erhalten, weit über den Tod hinaus, auch wenn seine Werke auf Erden nur physischen Zwecken dienen.
Die moralische Verantwortungs-möglichkeit vorausgesetzt, kommt es bei all deinem Tun hier im Irdischen nicht darauf an, was du tust, sondern wie du es tust. – –
Niedrigste Arbeit hier auf Erden kann dir ungeahnte Kräfte für dein späteres Leben auf der geistigen Seite der Welt zuströmen lassen, wenn du das dir Übertragene nur in treuester Pflichterfüllung, freudig und nach besten Kräften also ausführst, als sei der Bestand des ganzen Weltalls allein von der Güte deiner Arbeitsleistung abhängig…
Für dich selbst bist einzig und allein nur du selbst verantwortlich!
Bei allem was du denken oder tun magst, – bei allem, was du auf dieser physischsinnlich erfahrbaren Seite der Welt treibst, – bist du stets der unbewußte Schöpfer deines späteren Schicksals in der geistig-sinnlichen Wahrnehmungswelt. –
Was du hier auf Erden dein „Schicksal” nennst, ist nur ein lächerlich kleiner Ausschnitt eines unermeßlichen Ganzen, und wenn du hier etwa mit deinem Schicksal haderst, so mag dein Mißmut menschlich ja sehr verständlich und gewiß auch entschuldbar sein, aber dennoch gleichst du dann nur dem Kinde, das törichterweise Dinge verlangt, die ihm heute noch nicht gegeben werden können, weil sie ihm schaden würden, während ihm später das Verlangte in reichster Fülle zu Gebote stehen wird…
Erst auf hoher Stufe der geistigen Welt angelangt, wirst du dereinst dein Schicksal verstehen können, und dann wirst du lächeln, gedenkst du noch deines früheren Urteils. – –
Dann wirst du sehen, daß deine besten Verstandesgründe, die dich ehedem zu deinem Urteil verführten, ebensoviele Torheiten waren, weil du die Schönheit der Blüte und die süße Köstlichkeit der Frucht aus dem Wurzelgefaser erschließen wolltest, das deine Hände aus der dunklen Erde wühlten.
Nur wer sich selbst zu lösen weiß aus den beengenden Vorstellungsbildern, die ihm aus seiner physisch-sinnlichen Anschauungsform notgedrungen erwachsen sind, der wird allmählich auch ein Weniges ahnen von dem großen Ganzen in dem er wurzelt, und dem er niemals mit den Mitteln physisch-sinnlicher Erkenntnis näherkommen kann…
Es war keine leere Phrase, wenn vormaleinst ein Wissender, vom Glänze des Erschauten fast überwältigt, die Worte fand:
„Kein Auge hat es gesehen, kein Ohr gehört, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben!”
„Gott lieben” aber heißt: – alle Mühsal und allen Schmerz der Erde so „lieben”, so willig hinnehmen, als habe man das alles gerade so gewollt und erstrebt, wie es in unser Leben tritt! –
„Gott lieben” heißt: – die Erde lieben und alles was auf ihr lebt, – so, wie es ist, – mag es unseren Wünschen auch zuwider sein! –
„Gott lieben” heißt: – sich selbst lieben und sich zuliebe alle Beschwernis freudig auf sich nehmen, die uns zu tragen gegeben wird auf dem langen und beschwerlichen Wege, der aus Irrung und Verwirrung zuletzt zu uns selber führt, so, wie wir ewig sind in Gott! – –
Nach alledem wirst du nun auch wissen, wie du am besten deine „Verstorbenen” ehrst: – jene, die dir vordem hier im Erdenleben nahestanden und die auch heute noch, nach wie vor, im Dasein sind, nur deiner physisch-sinnlichen Wahrnehmungsfähigkeit nunmehr entrückt…
Du wirst nun wissen, wie du ihnen auch weiterhin helfen kannst, und wie du, etwa selbst der Hilfe bedürftig, solche von ihnen erlangst.
Es ist wahrlich verkehrtes Beginnen, „spiritistische Zirkel” zu errichten, um mit den der Erde Gestorbenen in Verbindung zu kommen!
Die Ehrlichkeit aller Teilnehmer und die Sicherung gegen jeden, auch unbewußten Betrug vorausgesetzt, habt ihr doch zu wenig Wissen von den Kräften, die sich in solchen „Sitzungen” manifestieren, und seid nicht imstande, die wirklichen Urheber der Phaenomene festzustellen.
Auch dann nicht, wenn ihr jeden vorgefaßten Glauben ablehnt, um erst zu erforschen, was etwa Wahres an der Sache sei!
Die Kräfte, um die es sich bei echten spiritistischen Manifestationen handelt, sind voll Lüge, Laune und Trug, – stets bereit, sich mit Hilfe eurer eigenen Kraft bemerkbar zu machen, – aber gar weit davon entfernt, sich zu willigen Untersuchungsobjekten zu wandeln… (Die mannigfachen Betrugsmöglichkeiten durch „Medien” und Sitzungsgenossen lasse ich natürlich hier außer Betracht.)
Die Manifestationen, in denen ihr Kräfte des „Jenseits” am Werke glaubt, sind, wenn irdische Täuschung ausschaltet, nichts anderes als das Spiel unsichtbarer Wesen einer noch fast unbekannten Region der physischen Welt. –
Für wirklich im Geiste „Erwachte”, – die als Jenseitsbewußte schon zu den „Jenseitigen” gezählt werden dürfen, auch wenn sie noch im Erdenleibe auf der physisch wahrnehmbaren Seite der Welt leben, ist es zwar möglich, sich in vereinzelten Fällen der hier genannten Wesen zu bedienen, wie man sich auch sonst irgend einer erreichbaren Hilfskraft bedient, allein es wird gewiß keiner dieser wirklich im Geiste Erwachten auf den Einfall kommen, zur Unterhaltung der Teilnehmer einer spiritistischen Sitzung beizutragen, oder die Versuche eines Experimentators „interessant” gestalten zu wollen…
Auch wo man unter dem Eindruck steht, es „zweifellos” mit der Entelechie eines früheren Erdenmenschen zu tun zu haben, übersteigt die Gefahr der Täuschung durch Lemurenwesen so sehr alle Wahrscheinlichkeit einer echten Kommunikation,daß nicht eindringlich genug gewarnt werden kann vor dem Betreten jedes Weges, der zu irgendwelchen „spiritistischen” Erscheinungen führt.
Der euch hier warnt, kennt alle auf „spiritistischem” Gebiet möglichen Manifestationen aus eigener, gesicherter und reichhaltigster Erfahrung.
Ebenso aber kennt er auch jene unsichtbare physische-Zwischenwelt, die das ureigene Lebenselement der „spiritistischen” vermeintlichen „Geister” bildet, und er weiß sich dieser Wesen und ihrer Kräfte gegebenenfalls zu bedienen, wie man sich eines Reitpferdes oder eines Spürhundes bedient, wo es die Umstände erfordern.
Dem geistig dazu Ermächtigten dienen diese Wesen mit ihren Kräften, wenn er es verlangt, ohne daß er erst nötig hätte, ein „Medium” zu gebrauchen und „spiritistische Sitzungen” abzuhalten.
Er betritt die Bereiche dieser Zwischenwesen mit der gleichen Sicherheit, wie er bewußt sich in die rein geistigen Welten begibt.
Angenehm ist es freilich nicht, diesen Wesen nahezukommen, und keiner der es vermag, sich ihrer nach seinem Willen zu bedienen, wird das jemals ohne Not tun, und immer wird er dabei ein Gefühl des Ekels zu überwinden haben.
Mit diesen, etwa den Quallen südlicher Meere irdisch vergleichbaren, aber normalerweise nicht wie diese, physisch wahrnehmbaren Geschöpfen, sowie mit ihren dennoch rein physischen Kräften, kommt ihr zumeist in Verbindung, während ihr mit euren „verstorbenen Lieben” im Verkehr zu sein wähnt, – es sei denn, daß eure eigenen, euch unbewußten Kräfte aus der gleichen Region, der diese unsichtbaren physischen Geschöpfe angehören, alle Manifestationen allein bewirken, und ihr euch auf solche Weise unwissentlich selbst ein Geistertheater vorspielt…
Für euer seelisches und leibliches Wohl ist solcher nichterkannte Selbstbetrug aber immer noch weniger verhängnisvoll, als der echte Konnex mit den hier geschilderten Lemurenwesen, die eure Kräfte aussaugen wie Blutegel, und nur mit Hilfe der euch entzogenen Energien die vermeintlichen „Wunder” eurer „spiritistischen Seancen” hervorzubringen vermögen.
Auch der vorurteilsfreieste Forscher, der diesen Erscheinungen nur als Beobachter gegenübertritt, ist keineswegs gefeit gegen die Kraft der Polypenfangarme, die ihn vom Unsichtbaren her umschlingen.
So sehr er auch „über der Situation” zu stehen meint, muß er sich doch seine geheimsten Eigenkräfte entziehen lassen, ohne den Mißbrauch auch nur zu ahnen, den die, sein Interesse fesselnden, unsichtbaren Parasiten seines „Mediums” mit ihm treiben. – –
Der wirkliche „Verkehr”, – der einzige sichere Verkehr mit den ins „Jenseits” Vorangegangenen, – spielt sich allein im Innern, in der „Seele” ab, und ist rein geistiger Art.
Euer eigener geistiger „Leib” ist das Organ des Vernehmens der „Abgeschiedenen” für euch! –
Jeder „durchgefühlte” Gedanke, jedes euch ganz durchdringende Gefühl, wird „auf der anderen Seite” vernommen wie hier in der physisch-sinnlichen Welt das gesprochene Wort.
Ebenso aber vernehmt auch ihr, – wenn ihr „in der Stille” und feinfühlig genug dazu seid, – die Äußerungen derer, die bereits auf der geistigen Seite der Welt sich erleben, als leise Gedanken und wie von außen in euch eindringende Gefühle, die bei einiger Übung des Unterscheidungsvermögens ganz sicher von „eigenen” Gedanken und Gefühlen zu sondern sind. –
Aber auch abgesehen von dem was euch bewußt werden mag, besteht eine dauernde, unterbewußte Influenzwirkung, und ihr seid in solcher Weise oft in einem viel richtigeren Sinne das „Medium” eines Vorangegangenen, als jemals ein sogenanntes „spiritistisches Medium” dies sein könnte, auch wenn die „Jenseitigen” sich seiner bedienen wollten…
Wäret ihr gewohnt, die alltäglichen Geschehnisse eures Lebens nüchternen Sinnes, aber doch auf das Geheimnisvolle aufmerkend, zu beobachten, so würdet ihr euch gar oft im Sinne eines geliebten „Verstorbenen” handeln sehen, auch wenn nicht die leiseste bewußte Absicht in euch bestand, so zu handeln, wie es der Abgeschiedene gewünscht haben würde, lebte er noch in physisch wahrnehmbarer Erscheinung. –
Andererseits würde es euch gewiß auch zu denken geben, daß recht oft von Seiten völlig Fremder irgend etwas geschieht, was man geradezu als endliche Erfüllung eines Wunsches ansprechen darf, den ein Gestorbener zur Zeit seines Erdenlebens heiß hegte, der ihm aber dazumal unerfüllt geblieben war. – –
Freilich ist das alles viel weniger effektvoll als ein tanzender oder schwebender Tisch, dessen Beine „Botschaften” klopfen, oder gar als die „materialisierte” Gestalt, in der man, hypnotisch gebannt ohne sich dessen bewußt zu sein, einen Gestorbenen „mit aller Sicherheit” erkennt und sprechen hört, obwohl das, was da vor einem steht, nichts weiter ist als eine Art „astraler” Panoptikumsfigur.
Wohl sind die äußeren Züge der ehemaligen erdenhaften Erscheinung des Gestorbenen entliehen, und sogar das Kleid, der Anzug, feiert seine scheinbare Auferstehung, – aber aus solchem Popanz spricht ein Lebewesen, das euch mit Entsetzen erfüllen würde, könntet ihr es in seiner wahren, von aller Maskierung befreiten Gestalt einmal plötzlich neben euch stehen sehen. – –
Menschen, die niemals echte und wirklich bemerkenswerte spiritistische Phänomene erlebten, werden zwar kaum begreifen können, daß solche Dinge ernst zu nehmen sind, – aber das hindert leider nicht, daß der sogenannte „Spiritismus” Millionen heimlicher und offener Anhänger zählt und stets neue „Bekehrte” in seinen Bannkreis zieht.
Eine ungeheure, teils phantastische, teils pseudowissenschaftliche Literatur über spiritistische Theorie und Praxis findet noch immerfort fiebernde Leser, und was die Gläubigen angeht, so schützt hier auch alle wissenschaftliche Bedeutung die auf anderen Gebieten erworben wurde, keinesfalls vor gröblichster Täuschung, – besonders dann nicht, wenn ein Todesfall den heißen Wunsch erweckt, mit dem geliebten Verstorbenen auf irgend eine Weise wieder in Kontakt zu kommen…
Der Doktorhut bildet keine zureichende Isolation gegenüber den hypnotischen Beeinflussungen aus dem Unsichtbaren, und die Talare akademischer Würden sind leider durchlässig wie Spinngewebe für die Saugrüssel unsichtbarer physischer Mollusken.
Aus allen diesen Gründen dürfte meine Warnung wohl kaum überflüssig sein.
Der ganze physische und geistige Kosmos ist ein einheitliches Ganzes, auch wenn dieses Ganze sich in sehr unterschiedlichen Aspekten darstellt.
Die eigentliche Wirklichkeit die hinter den Aspekten steht, war und ist immer nur sehr wenigen Erdenmenschen aufgeschlossen.
Sie entzieht sich sowohl dem Experiment wie dem spekulierenden Denken.
Auf der physisch-sinnlichen, wie auf der geistigen Seite des Alls gibt es jeweils wieder die verschiedensten Abwandlungen der Anschauungsform, und alles solcherart ins Bewußtsein gelangende tritt mit dem gleichen Anspruch auf, – „das Wirkliche” zu sein.
Die Wesen, die sich im All erleben, sehen fast alle nur Teile des Wirklichen, und selbst diese Teile nur in unbewußter eigenschöpferischer Umgestaltung.
So ist auch das Leben nach dem „Tode” des physischen Körpers bestimmt durch einen Wechsel der Anschauungsform.
Es wird das gleiche Wirkliche empfunden und erlebt, – nur in geistiger Anschauungsform, – da die physischen Sinne mit dem Erlöschen der einheitlichen Lebensfunktionen des irdischen Körpers aufhören, brauchbare Vermittlungsorgane für das Erleben zu sein.
Sinnlich wahrnehmbar aber ist das Leben in allen seinen Regionen, auch wenn die Art der Sinnesorgane sehr verschieden ist. –
„Sterben” ist für den Erdenmenschen nur ein Vorgang, der zwangsweise dazu führt, bisher im Unterbewußten verborgene Sinne bewußt gebrauchen zu lernen…
Auch während des Erdenlebens sind diese geistigen Sinne schon vorhanden, – ja, sie allein sind die Ursache, daß der Mensch aus seiner tierleiblichen Sinneswahrnehmung Eindrücke empfangen kann, die dem Tiere, auch auf höchster Stufe, unerlebbar bleiben, so sehr auch seine physische Sinnesschärfe die des Menschen übertreffen mag. – –
Nur in relativ seltenen Sonderfällen wird es möglich, daß die Sinne des geistigen „Leibes” im Menschen schon während dieses Erdenlebens sich eröffnen, und es geschieht dies niemals in der Form einer .plötzlich sich einstellenden Fähigkeit, die geistigen Sinnesorgane gebrauchen zu können, sondern immer nur in der Art eines sukzessiven „Wachwerdens”, das zwar sanft gefördert, aber keinesfalls durch willkürliche Mittel erzwungen werden kann.
Wer nun schon im physisch-sinnlichen Leben auch zum Gebrauch seiner geistigen Sinne erwachte, der sieht die verschiedenen, ihm schon erfahrbaren, niederen „Welten” der einen und einzigen ursächlichen Welt der Wirklichkeit wie ineinander „verschachtelt”, so daß es ihm oft schwer werden kann, augenblicklich zu unterscheiden, was den Regionen der physischen, und was den Reichen der geistigen Sinnenwelten angehört.
Nur die ganz wenigen Menschen, denen sich auch die Welt der Ursache: – das „Ding an sich”, von innen her aufgeschlossen hat, empfinden zugleich die eine, letztgründige Wirklichkeit, durch die sowohl jede geistige, wie jede physisch-sinnlich wahrnehmbare Welt „gewirkt” wird.
Diese Urwirklichkeit ist Urgrund allen Lebens, mag es nun auf geistige oder auf physische Art zum sinnlichen Erfahren und Selbsterleben kommen! –
Der „Mensch” aber, – ob er sich nun in geistiger Erscheinungsform oder im Erdentierkörper erlebt, ist, in ewiger Wirklichkeit gesehen: Ewiges Leben in der Form individueller, bewußter Erlebnisfähigkeit.
Durch die physisch-sinnliche Anschauungsweise hier auf Erden bestimmt, fällt es freilich dem auf eine tierhafte Gestalt allein verwiesenen ewigen Leben recht schwer, sich individuell geformt, und doch dabei als Konzentrationspunkt eines unermeßlichen Ganzen zu empfinden: – eines Ganzen, das in sich keine Lücke und keine Trennung kennt, obwohl es sich in unendlichfältigen Aspekten erfaßt. –
Allzusehr hängt erdgebundene Vorstellung von dem Augen-Schein ab, der Individuelles nur als ein von anderem Getrenntes kennt.
In geistiger Anschauungsweise aber ist Individualität ewige Darstellungsfunktion innerhalb des untrennbaren Ganzen: – nicht etwa Spaltung in sich selbst, sondern Darstellung eigener Viel-Einheit.
Immer ist es das ganze, unteilbare Leben, das sich in jeder seiner unendlich vielen individuellen Selbstformungen in einem bestimmten, einmaligen Aspekt erlebt…