Geist und eine notwendige Unterscheidung
Was ich unter „Geist” verstanden wissen will, dürfte in allen meinen Büchern klar erkennbar sein.
Da aber im alltäglichen Sprachgebrauch, und selbst in der Terminologie der Gelehrten, das gleiche Wort auch als Bezeichnung für die Funktionen des menschlichen Gehirns, und ihre Resultate, gebraucht wird, so sehe ich immer wieder den oder jenen meiner Schüler das Wort: „Geist”, wo es ihm in meinen Büchern begegnet, gewohnheitsmäßig mißdeuten.
Das ist gewiß nicht verwunderlich, da man ja im Alltag doch von „geistiger” Arbeit, „geistiger” Ermüdung, „geistvoller” Diktion, „geistreichen” Bemerkungen, „geistiger” Frische, wie auch von „geistiger” Umnachtung spricht, und bald den solcherart gemeinten „Geist” auf den höchsten Thron erhebt, bald ihm, zu Gunsten der Seele, den Krieg erklärt.
Was aber da mit dem Worte „Geist” bezeichnet wird, ist Gehirnarbeit, — ist Äußerung angeborener und durch stete Übung vervollkommneter Gehirnfunktion, — Zeugnis besonders rascher Arbeit des Gehirns, oder seiner anhaltenden Leistungsenergie, wie andererseits das, was man „Geisteskrankheiten” nennt, Gehirn-Krankheiten sind, mögen diese Erkrankungen durch erkennbare physische Ursachen, oder durch Einwirkungen okkulter Art entstanden sein.
Es ist nur ein Zeichen der eigenen Geistferne, daß der aus dem bewußten Sein des substantiellen Geistes „gefallene” Erdenmensch die Manifestationen seines Gehirns als etwas „Geistiges” empfindet, so daß man von einem „regen Geiste” spricht, wenn man ein regsames Gehirn meint.
Nur dort, wo das Wort „Geist” ein normalerweise unsichtbares, entkörpertes Einzelwesen: eine „Erscheinung aus dem Jenseits”, bezeichnen soll, flimmert noch der letzte, vom Dunkel fast aufgesogene Strahl eines Urerlebens substantiellen „Geistes” auf, mögen auch die Vorstellungsbilder, die sich der Erdenmensch schuf, um sich Unsichtbares faßlich zu gestalten, mitunter recht phantastisch-schauerlich-groteske, abgeschmackte Formen zeigen.
Hingegen wird in den Bezirken europäisierter Religionen zwar sehr viel vom Geiste gesprochen, — hört man aber auf der Worte wirklich erfühlten Ton, so gewahrt man alsbald, daß auch dann nur eine subtilere Art der Gehirnfunktion als „Geist” bezeichnet wird, wenn vom Geiste der Ewigkeit, vom Geiste Gottes, vom „heiligen” Geiste die Rede ist.
Gott ist zwar Geist, und „die ihn anbeten” sollen ihn „im Geiste” und somit in „Wahrheit” anbeten, aber unter diesem Geiste, der Gott ist, wird nur eine, der menschlichen Gehirnerfahrung analoge, ins Gigantische gesteigerte gehirnmäßige Bewußtheit verstanden, und das Anbeten im Geiste wird nicht viel anders, als ein Anbeten in Gedanken aufgefaßt.
Vom substantiellen ewigen Geiste, als dessen durchleuchtende Strahlung uns Gott allein in uns lebendig erfahrbar werden kann, hat man keine Ahnung.
Kein Wunder, wenn sich Kampfstimmen erheben gegen die Suprematie des in so vielerlei verdächtigen Farben schillernden „Geistes” der Gehirne!
Kein Wunder, wenn man der Seele Rechte ihm gegenüber zu verteidigen sucht!
Impuls zu solchem Kampfe gibt die erfühlte Gewißheit, daß der irdische „Geist” der Gehirne unmöglich das höchste uns innerlich erlebbare Gut sein kann.
Mit „hellfühlenden” inneren Sinnen tastet man sich der Seele zu, in deren Äußerungen eine Kraft erspürt wird, die dem Gehirnwissen um sich selbst unendlich weit überlegen ist.
Man muß, notgedrungen, das Wort des Paulus verwerfen, daß der Geist alles durchdringe, selbst „die Tiefen der Gottheit”, — solange man bei diesem Ausspruch an „Geist” denkt, der nichts anderes ist, als Resultat der Gehirnzellenbewegung. —
Daß hier jedoch vom substantiellen, das Gehirn aus sich erst schaffenden, in keiner Weise gehirnabhängigen, ewigen Geiste die Rede geht, ist leider längst Geheimnis geworden…
und so:
Dieser „Geist” ist ebensowenig im gehirnlichen Denken, wie mit irdisch-tierischen Sinnen zu fassen.
Wir müssen „in” ihm sein, wenn wir in ihm erkennen, ergründen, erforschen wollen, und wir können in ihn gelangen, weil wir — auch physisch — von ihm durchlebt werden: — weil er in uns „lebt”, auch wenn wir noch nicht in ihm zu leben vermögen…
Niemals aber können wir mit Hilfe irgend einer Art Gehirntätigkeit „in den Geist” kommen!
Es handelt sich ja um ein Geschehen, und nicht um ein Erdenken oder Vorstellen!
Dieses Geschehen kann zwar vom Gehirn „registriert” und dann als gesichertes Faktum ins Denken einbezogen, aber unmöglich durch das Gehirn herbeigeführt werden.
Wie man dahin gelangt, es zu erleben, zeige ich in meinen Büchern.
Nur um das hier Nötige aufzuzeigen, habe ich sie geschrieben! Wahrlich: mit meinem Herzblut geschrieben!
Da es aber viele Möglichkeiten gibt, das hier gemeinte Geschehen auszulösen, so zeige ich auch die Besonderheiten der einzelnen, individuell verschiedenen Formen, den Weg zu durchschreiten, der zum Ziele führt.
Dem Aufzeigen des Weges, so, daß jeder Einzelne, der ihn beschreiten will, mit wenig Mühe, die seinen Befähigungen entsprechende Form, ihn zu bewältigen, finden kann, dient jedes Wort, das ich geschrieben habe, auch wenn ich nicht nur den Weg abstecke, sondern zugleich manchen Ausblick schaffe, der sich von gewissen Wegstationen, oder vom Endziel des nur so Wenigen bekannten Weges her ergibt.