Waren mir schon Ihre letzten lieben Briefe deutliche Anzeichen Ihrer ganz allmählich wachsenden, aber unverkennbar immer größeren Aufgeschlossenheit für geistige Wahrnehmungen, — selbst dort, wo Sie noch mit Ihrem Irdischen zu ringen hatten oder sich noch nicht mit Sicherheit vertrauen zu können meinten, — so brachte mir nun Ihr neuester Bericht eine Gewißheit, die ich dennoch kaum jetzt schon zu erwarten gewagt hätte. Aber nun ist ja nicht mehr daran zu zweifeln, daß Ihr geistiges Auge sehend wurde, und daß Sie im ersten klarbewußten Erleben Ihres Ewigen stehen. Es ist aber auch durchaus nicht verwunderlich, daß Sie, bei aller seelischen Beglückung, sich des Unvermögens bewußt werden, dem Erlebten Ausdruck in der Sprache zu schaffen, so daß Ihnen alles, was Sie mir berichten, nur „wie ein ganz unzulängliches Stammeln” vorkommt. Das ist noch jedem so gegangen, der zum erstenmal Gleiches wie Sie in sich erlebte, und meistens muß es auch bei diesem Unvermögen, Ewiges in Worten darzustellen, bleiben.
Wir können uns im Bereiche irdischer Dinge nur verständlich machen, indem wir das, was wir sprachlich erkennbar darstellen wollen, mit bereits Dargestelltem vergleichen. Eine solche Vergleichsmöglichkeit auf der selben Ebene fehlt uns, sowie wir Ewiges schildern wollen, und doch drängt unser Erleben auch hier zum Wort, auch wenn wir das Erlebte nur für uns selber im Worte aufzeichnen wollen, und nur in unserem Gedächtnis. Aus solcher Not heraus greifen wir dann doch nach Irdischem, das uns bei aller Unzulänglichkeit dienen muß, so gut es geht. Und es geht nur, wenn eben diese Unzulänglichkeit bewußt und gewollt ignoriert wird: — wenn man das Inkommensurable der zum Vergleich herangezogenen Erlebensmöglichkeiten absichtlich übersieht.
Alles Erleben des Ewigen ist eine dauernde Lotung der Tiefe des ewigen Augenblicks, der kein Hintereinander, kein Vorher und Nachher, sondern geistig-,,räumlich” gegebenes, irdisch ganz undarstellbares In-einander ist, das nicht erst infolge eines unermeßlichen Nacheinanderbestehens „ewig” wird, sondern in sich, anfanglos — endlos, Unendlichkeit ,,bleibt”. Wer den ewigen Augenblick: — die ganze, in ihrer Selbstbegrenzung dem Kreis ähnliche, unendliche Ewigkeit nicht in sich zu jeder Sekunde zu erleben vermag, dem kann man sie nicht schildern, denn alle Schilderung geschieht in der irdischen Zeit und wird nur als Zeitliches erfaßt. So ist denen, die nie in der Ewigkeit waren, „Ewigkeit” zur Vorstellung einer unendlich langen Zeit geworden, und schließlich kommt auch jeder, der von überzeitlichen Dingen wirklich reden darf, in die Zwangslage, diese Zeitvorstellung durch das gleiche Wort zu bezeichnen, ja, das Unendliche für die Vorstellung zuweilen gleichsam „einzuteilen”, so daß aus der einen, in Wirklichkeit selbstverständlich unteilbaren Ewigkeit gar „Ewigkeiten” werden können, — Aeonen, — als Verbildlichungen unermeßlich langen Zeit-Raumes. Und jedem, der Ewiges noch nicht in sich selbst erlebt, wird es unsagbar schwer, die irrige Vorstellung in sich aufzugeben, als ob Ewigkeit stete Gegenwart aller Zeit sei und ihr Inbegriff einfach „die Fülle aller Zeiten” ausmache.
Sie sehen jetzt selbst, wie Ewiges allen in der Zeit gegebenen Vergleichen ausweicht, weil es ein wesentlich Anderes ist und nur ewiger Anschauungsart zugänglich, zu der Sie meine Bücher unvermerkt geleitet haben. Aber wie viel „Skizze” von allen Seiten her war nötig, um nach und nach das Gefühl für geistig Räumliches in Ihnen zu erwecken! — Fern von jedem Wertvergleich, erinnern mich meine Abhandlungen über geistige Dinge immer an gewisse Zeichnungen Rembrandts, auf denen sich die gemeinte Darstellung erst aus unzähligen Strichen, die der Vorstellung immer deutlicher zu folgen suchen, herausgestaltet. Es ist aber nicht nur mir anders unmöglich, Dinge der Ewigkeit für Andere in den Bereich ahnenden Vorfühlens zu bringen, sondern jedem, der die ewige Wirklichkeit kennt! Denen, die sie kennen aber, genügen die geringfügigsten Andeutungen schon, um sich untereinander zu verstehen und jeweils zu wissen, was gemeint ist. Sie haben mir aber weit mehr als nur „Andeutungen” hingezeichnet, und ich muß Sie eher warnen, nicht allzu deutlich werden zu wollen, als daß ich in Ihrer Darstellung etwas vermissen könnte…
Bleiben Sie im Licht und seien Sie allezeit gesegnet!