Auch deine Freude muss edle Formung finden, soll sie deiner würdig sein. –
Du liebst es vielleicht, dich in deiner Freude «gehen zu lassen» und magst nicht gerne dich dazu verstehen, auch in der Freude auf Form zu achten? –
Das Beste deiner Freude scheint dir dahin zu sein, wenn du dich ihr nicht schrankenlos überlassen darfst…
Noch kannst du dir keine so recht beglückende Erdenfreude zur Vorstellung bringen, sobald dir gesagt wird, dass du auch deine Freude formen sollst in edelster Form. –
Hier aber bist du in einem Irrtum befangen, den gar viele mit dir teilen! – –
Glaube nicht, mir sei er wohl immer fremd geblieben!
Siehe mein Freund, auch ich habe ehemals manchen Irrtums lockende Strasse durchschritten, die hier auf diesem Planeten Menschengeister ver-führt…
Wie wäre ich sonst wohl dazu bereitet worden, denen, die mein Wort erreicht, zu helfen?! –
Wenn ich dir nun rate, auch deine ausgelassenste Freude noch zu formen, so weiss ich, was das besagen will, und weiss zugleich, dass ich nur deine Freude mehre, so du mir folgen magst. – –
Niemals betrügt sich der Mensch so sehr, als wenn er da vermeint, die rechte Freude müsse hemmungslos sich wie ein Wildbach ergiessen können! –
Der Wildbach gibt mir hier ein wohlgeeignetes Bild, und wenn ich in diesem Bilde bleiben darf, dann sei daran erinnert, dass auch der Wildbach nur gefahrlos wird, wenn man ihn einzudämmen, wenn man seine Strasse zu formen weiss. –
Wehe aber den Fluren, – wehe der jungen Saat, wenn er in seiner Frühlingsvollkraft überschäumt und seines naturgebundenen Laufes Steinbett verlässt!! –
So auch wird deine Freude dir zur Gefahr, solange sie nicht deine Formung trägt, und – glaube mir – auch ich habe vordem solche Gefahr gar oft erfahren, so dass ich wahrlich vor ihr warnen darf!…
Wie der Lotse die Klippen sehr wohl kennen muss, bevor er das Schiff gefahrlos durch die Brandung in den Hafen leiten kann, so ward auch mir gar wohl bekannt durch die Erfahrung eines Menschenlebens, was es zu vermeiden gilt, soll eines Menschen geistiges Ziel ihm endlich erreichbar werden, trotz aller hohen See der Leidenschaft und allem Sturm der Triebe …
So gerne du auch in deiner Freude dich «vergessen» möchtest, – «dich» vergessen, den du selber aufgerichtet hast in deiner Vorstellung, und dem du den Namen gegeben hast, als sei er wirklich du selbst, – sei wachsam und achte der Gefahr, der du nur begegnen kannst, wenn du auch deine Freude zu formen weisst! – – –
Du wirst zwar bedauern, dass du nicht völlig dich deiner Freude überlassen kannst, – aber bedenke wohl, dass alles, dem du dich völlig überlässt, dich nur zu seinem Sklaven macht! –
Hier aber sollst du zum Herrn deiner Freude werden und sie soll deiner Formkraft völlig unterordnet sein!
Ich rede hier nicht von den stillen dauernden Freuden die dein wohlgeformtes Leben dir erspriessen lässt wie allgemach in einem wohlgepflegten Garten Blumen spriessen durch des ganzen Jahres Lauf. –
Kaum wird es dir entgangen sein bisher, dass ich vielmehr von deiner Freude rede, soweit sie zu besonderem Anlass ihr besonderes Recht erheischt. – –
Gar vielfältig kann solcher Anlass sein und gar vielfach kann er dir begegnen…
Bist du dir bereits bewusst geworden, dass dein ganzes Leben durch dich Formung finden soll, so wird es dir leicht sein, auch deine Freude zu formen, sobald du nicht dem Wahne lebst, dich in der Freude endlich vergessen zu dürfen. –
Es sind wahrhaftig nicht die Schlechtesten, die da zuweilen glauben, dass die Freude ihnen nur gegeben sei, um sich «vergessen» zu können!
Wer aber ist es, der so vergessen wird?!?
Du selbst bist es wahrlich nicht, auch wenn du im fröhlichen Maskenspiel die dir fremdeste Maske wähltest!
Stets wirst du selber es sein, der sich als das «Ich» dieser Maske fühlt. – –
Was du vergessen willst, wäre wert, dass du es auch in deinem Alltagsleben vergässest! – –
Du selbst hast es dir zum Tyrannen geschaffen, und deiner Schöpfung Werk wird dir so lästig, dass du es gerne wieder vergessen möchtest, wozu denn deine Freude dich aufzufordern scheint! – – –
*
Du hast in dieser Erdenwelt dein Erdenkleid gefunden.
Schon als du ein Kind noch warst, hat man dir dieses und jenes davon zu sagen gewusst, was du selber seiest…
Dich selber glaubtest du genau bestimmt durch Lob und Tadel, – durch der Erwachsenen Wertung deiner kindlichen Daseinsäusserung…
Herangewachsen «wusstest» du, dass du das Kind einer sehr genau bestimmten Familie seiest, und all dem Tun ward mitbestimmt durch solches «Wissen». – –
Dann aber machtest du dich «frei» von aller Familienbande, «wusstest» dich als Kind deines Volkes, und aller Wert, den du dir selber gabst, entstammte deiner Tüchtigkeit, oder deinem mangelhaften Erfolge in irgend einem menschlichen «Beruf»…
Ob du dazu berufen warst, ihn auszuüben, wusstest du am Ende selber kaum. –
Du bist in ihn «hineingewachsen» und deine «Aufgabe» siehst du nun darin, ihn so zu «erfüllen», dass alle die dir «vor-gesetzt» sind, oder ein «Urteil» haben, dich nicht «verurteilen» und dich keinem «nach-setzen». – –
Was du so in anderer Augen warst, – als was du Anderen erscheinen mochtest, – das war dir und ist dir vielleicht noch heute genaue Bestimmung dessen, was du bist! –
Der Anderen «Wertschätzung» bestimmt dir deinen eigenen Wert. –
Der Anderen «Bewunderung» lässt dich dir selbst als wundersam erscheinen. –
Der Anderen «An-erkennung» lehrte dich allein dich selbst vermeintlich erkennen. –
Der Anderen «Ver-achtung» schien dir so begründet, dass du selbst dich nur in aller Heimlichkeit noch achten konntest, und vor dir selber fürchtest, du seiest nur ein Sklave deiner Eitelkeit, wenn dennoch sich in dir etwas «erhob», das gegen die «Ver-achtung» Anderer sich wild «empörte», weil es aus der Niedrigkeit, die du dir selber gabst, empor gelangen wollte! – – –
So hast du alles, als was du dich selber fühlst, von Anderen empfangen, und keines – wegs weisst du aus dir selber, wer du bist!
Es ist wahrlich kein Wunder, wenn du «vergessen» möchtest, was nur in den Augen Anderer für dich selber gilt!
Es ist wahrlich kein Wunder, wenn du zu vergessen strebst, was Andere – aus dir machten! –
Dich selbst aber willst du gewiss nicht vergessen!
Du gibst nur einer Vorstellung, die Andere dir eingegeben haben, das Recht, für dich selber zu gelten. – – –
Siehe, darum rate ich dir: vergiss dich selber nicht in deiner Freude!
Der, den du vergessen möchtest, da er dich peinigt, als deine eigene Schöpfung nach Anderer Mass, – den darfst du gewiss vergessen, und du tust gut daran, wenn du ihn alsbald vergessen wirst! – – –
Aber dich selbst sollst du gar hoch erhoben fühlen in deiner Freude!
Was immer dir Freude bringt, soll dir ein Anlass sein, deine formende Kraft zu erproben!
Du wirst deine Freude verhundertfältigen können, wenn du es verstehst, sie zu formen nach deiner Artung Massgerechtigkeit! – –
Du selbst musst das Mass für die Formung deiner Freude sein, – nicht jenes Gespenst, das Andere für dich selber halten! – – –
Der Anderen Form der Freude sollst du achten, so immer sie irgendwie Achtung noch verdient, allein sie darf nicht «Vor–Bild» deiner Form der Freude werden, es sei denn, dass sie völlig deiner Artung wäre – –
Forme, mein Freund, deine Freude nach deiner eigenen Form, und sei meiner Worte eingedenk, dass dann nur deine Freude niemals dich gereuen wird, wenn du sie in Form zu binden weisst! – – –
Du selbst musst Mass deiner Freude geben, wenn sie dich nicht täuschen soll!– –
Du selbst bist deiner Freude Folge aliersicherste Gewähr, so du nur alle deine Freude formen willst nach deiner, dir von Ewigkeit bestimmten Form! – – –