ZU den unumstrittensten Glaubensartikeln aller Gottgläubigen, – möge sich auch ihre Gläubigkeit sehr weit von traditioneller religiöser Bindung entfernen, – gehört der Satz, dass Gott, in bezug auf alles von Ihm gewollte Tun, «allmächtig» sei.
Ein «Gott» ohne solche, sehr irdisch gedachte «Allmacht» erscheint der Vorstellung als des wesentlichsten Attributes der Göttlichkeit verlustig, und weit eher noch gesteht der Mensch seinem geglaubten Gotte alle Grausamkeitsinstinkte eigener tiermenschlicher Artung zu, als dass er die durch nichts behinderte Allmächtigkeit dieses Gottes in Zweifel zöge.
Nach anthropomorpher Denkweise hat man sich seinen «Gott» erdacht, sieht in ihm, statt des überwesenhaften Seins, in mehr oder minder gesteigerter Form nur «das höchste Wesen» und empfindet nun als logische Forderung, dass dieses «höchste» Wesen notwendigerweise auch unbegrenzte Macht besitzen müsse, ansonsten man es nicht als «höchstes» Wesen anerkennen könne.
Mit den windigsten Sophismen sucht man sich darüber hinwegzutäuschen, dass ein «allmächtiger» Gott, – in des Wortes wörtlichstem Sinne: zu allem mächtig, – ein wahres Scheusal sein müsste, würde er alle Not und Bedrängnis, alle Greuel und Schandtat auf dieser Erde ruhig dulden, so er doch Macht besässe, dies alles zu beseitigen, dies alles zu verhüten…
Erst dann, wenn furchtbares Schicksal ihn betroffen hat und er sich schuldlos bedrängt fühlt, wird der Mensch zuweilen des Widerspruchs inne, den seine Gottesvorstellung enthält.
Aber weit entfernt von der Erkenntnis, dass er selbst nur solchen Widerspruch setzte, dem nichts Wirkliches entspricht, murrt er nun gegen seinen teuflisch grausamen, von ihm selbst erdachten Götzen, wenn er nicht gar die radikale Lösung vorzieht, fortan allen Glauben an einen Gott, allen Glauben an über dem Menschlichen waltende Geistigkeit, als Torheit und Selbsttäuschung zu verwerfen.
Kein Tag vergeht auf dieser Erde, der nicht an unzähligen Orten Menschen sieht, die mit ihrem vermeintlichen Gotte hadern, weil er, wie sie glauben, Arges und schwer Erträgliches über sie verhängte.
Nur widerwillig, oder mit bitterer, angstumdüsterter Gläubigkeit nimmt der Mensch den so schalen Trost in sich auf, den ihm gewisse Glaubenslehren immer noch zu bieten wagen indem sie sein hartes Geschick als «nach unerforschlichem Ratschluss Gottes» verhängt, in eine Äusserung der Liebe Gottes umzudeuten suchen: –
«Wen Gott lieb hat, den züchtigt er!»
Nur Wenigen wird die grobe Lästerung bewusst, die solches Trostwort enthält…
Ein entsetzlicher «Gott» fürwahr, der seiner Liebe keinen anderen Ausdruck zu geben weiss; aber auch nur ein «Gott» von des menschlichen Erdenkens Gnade, der weder im Weltenraume noch im Reiche des Geistes zu finden ist, ausser in menschlichen Gehirnen!
Man kann es nur zu gut verstehen, wenn so mancher hart bedrängte Mensch lieber alle Kunde von übererdenhaftem Göttlichen als Wahn und Trug und eitlen Traum erklärt, als dass er sich dazu verstehen könnte, weiterhin an einen «Gott» zu glauben, der ihn «aus Liebe» quält…
Wie anders aber als solche anthropomorphe Gottes-Vorstellung sieht hier die ewige Wirklichkeit aus!
Dem Vorstellungs-Inhalt entspricht in der Wirklichkeit nur das Eine: dass Gott «die Liebe» ist, und dass jeder, der «in der Liebe» bleibt, in Gott bleibt, wie Gott in ihm. –
Wirkliches Gotteslicht löst jenes Trugbild, das der Gottheit grob materielle «Allmacht» zufügt, in sich auf, wie das Licht der Erdensonne die Nebelschwaden über einem Sumpfe zum Vergehen bringt!
Das ewige reine Sein, dem allein in Wirklichkeit der Name «Gott» gebührt, ist in sich selber eins und unteilbar, auch wenn es sich selber darstellt in Unendlichfältigkeit.
Wie könnte es jemals sich selbst in irgendeiner seiner Darstellungsformen negieren!?
Nichts ist im Kosmos, das nicht letzten Endes eine der Darstellungsformen wäre des ewigen Seins, das in sich selber liebend verharrt, indessen die Darstellungskräfte es, ewig bewegt, gleichsam umkreisen.
Sich selbst ist dieses ewige Sein «Gesetz» und «Norm», und alle die wahrlich unendlichfältigen Kräfte, die seiner Darstellung dienen, sind trotz aller Ausstossung als Gegen-Gesetztes dennoch ewig nur in seinem Sein gegeben, könnten niemals ein Dagegen-Sein: das «Dasein» wirken, ohne dieses ewige Sein…
So ist denn jegliche Kraft nur gesetzt im innewohnenden «Gesetz» des ewigen Seins und trägt die Möglichkeiten ihres Wirkens unveränderbar in sich, auch wenn in menschlich unermessbar langen Zeiten jene Kombinationen dieser Kräftewirkungen, die wir erkannt zu haben glauben als «Naturgesetze» manchem Wechsel unterworfen sind, den nur der Mensch nicht wahrnimmt, da die menschliche Beobachtung auf dieser Erde solche Zeiträume nicht umfasst.
Solange aber eine Kombination von Kräftewirkungen, – von uns «Naturgesetz» genannt, – nicht wieder aufgelöst ist, kann das ewige Sein sie niemals negieren, da ja auch sie in ihm allein gesetzt ist, und es sich selber nicht negieren kann. –
Hier sind die Grenzen der vermeinten göttlichen «Allmacht»: – ewig unüberschreitbar auch dem ewigen Sein!
Das heisst: – in der Weise schlichtesten Gottesglaubens gesprochen – Gott würde gegen sich selber wüten, wollte oder könnte göttlicher Wille sich der Wirkungsart irdischer Kräfte entgegenstemmen, da Norm und Gesetz dieser Kräfte ja aus dem gleichen göttlichen Willen ihre Bestimmung haben. Vollkommenheit ist an dieser Stelle nicht durch göttlichen Willen gewollt: – – kann nicht gewollt werden, denn Vollkommenheit ist nur möglich im reinen, absoluten Sein, nicht aber in dem Dagegen-Gesetzten, das wir «Dasein» nennen.
Die Einzigartigkeit des absoluten Seins schliesst notwendig aus, dass Vollkommenheit im Dasein gestaltbar wäre.
Alles «Dasein» ist ja nur «Reflex» eines bestimmten Aspektes im reinen, absoluten Sein, und so wie die Erdensonne gleichsam «vollkommen» genannt werden könnte gegenüber ihrem Spiegelbilde auf ruhiger Wasserfläche, so ist nur das ewige Urbild jeglicher Darstellungskraft, die am «Dasein» wirkt, im ewigen Sein vollkommen, – nicht aber der dargestellte Gegensatz, der in der Erscheinung fassbar wird. –
Vom Göttlichen, Geistigen her kann die Erscheinungswelt nur insofern beeinflusst werden, als göttlich-geistiger Wille auf sie einwirken kann, ohne sich selbst zum Widerspruch zu werden.
Es wäre nicht die leiseste göttliche Einwirkung möglich auf diese Erscheinungswelt, wären die Ketten kausalen Geschehens wirklich so straff gespannt, wie menschliches Denken es wahrhaben möchte…
Gleichwie aber die Wirkung jener Kräfte-Kombinationen, die der Mensch als «Naturgesetz» fasst, keineswegs etwas Unveränderbares darstellt, so ist auch die Richtung, in der sich die einzelnen Kettenglieder des kausalen Geschehens aneinanderreihen, immer noch durch den geistigen Willen relativ bestimmbar, aber alle Macht des geistig-göttlichen Willens ist auch nur in dieser durchaus relativen Bestimmbarkeit kausalen Geschehens beschlossen und kann die Grenzen nicht überschreiten, die der gleiche Wille in sich selber findet: – durch sich selbst gesetzt von Ewigkeit zu Ewigkeit…
In aller gläubigen Einfalt gesprochen, könnte man sagen: – Gott vermag es zwar, bis zu einem gewissen Grade auf die irdischen Begebnisse einzuwirken, doch bleibt sein Wille hier stets durch innewohnendes, eigenes Gesetz bestimmt, so dass alle Einwirkung nur durch die Benützung der aus gleichem Willen bestimmten Wirkungsart irdischer Erscheinungs-Funktionen erfolgen kann. –
Der Mensch darf jederzeit sicher sein, dass Gott jedes Unheil auf dieser Erde verhüten wird, das Er hier verhüten kann, so dass also alles Hadern mit Gott, weil Unheil nicht durch Ihn verhütet wurde, nur aus der törichten Annahme materieller göttlicher «All-Macht» – im Sinne steter Abänderungsmöglichkeit des Geschehensverlaufes – seine scheinbare «Berechtigung» herzuleiten vermag und darum Lästerung aus «Nichtwissen» darstellt. –
Was aber weiter zu wissen nottut, ist die unumstössliche Tatsache, dass alle Möglichkeit der Richtungsablenkung irdischen kausalen Geschehens von Gott aus durch den Menschengeist allein gegeben ist: – dass also jegliche Einwirkung Gottes auf irdisches Dasein des Menschen bedarf, und des Menschen Bereitschaft, solcher Möglichkeit die Bahn frei zu machen, geschehe das nun in bewusster menschlicher Willenseinstellung oder durch passive Hingabe im Gebet. – –
Alle Kreatur wartet auf die Erlösung durch die Kinder Gottes!
Aber auch solches wissend, soll der Mensch nicht Unmögliches erwarten und stets dessen eingedenk bleiben, dass die wirkliche «Allmacht» Gottes von Ewigkeit her durch den Willen zur Selbstdarstellung bestimmt ist, nicht aber gegen diese Selbstbestimmtheit wirken kann, da dies, wenn es möglich wäre, Selbstvernichtung bedeuten würde. – –
So ist denn wahrlich «Allmacht» im göttlichen ewigen Sein, insofern, als alles «Dasein» die Macht dieses absoluten Seins bezeugt, aber nicht in jenem abstrusen Sinne, als könnte das Göttliche jemals das durch eigenes Sein bestimmte «Dasein» des aus ihm heraus und sich entgegen-Gesetzten anders bestimmen, als es von Ewigkeit her aus ihm bestimmt ist, infolge innewohnender Notwendigkeit. – –
Bis in graueste Vorzeit erstreckt sich menschliches Mühen, die Gemüter in irrtumsbeladener Vorstellung einer unmöglichen «Göttlichen Allmacht» hypnotisch gebannt zu erhalten…
Wahrlich: es ist an der Zeit, dass dieser Bann gebrochen werde, damit der Mensch nicht allen Glauben an Gott verliere! –
Die Grenzen der Allmacht erkennen, heisst erst wirklich das All verstehen, als Offenbarung aller ewigen Macht! – – –