Alle Religionen der Welt rufen den Menschen in irgendeiner Art zur Umkehr, zum Wiedersuchen und Wiederfinden seiner geistigen Urheimat auf, wie verschieden auch die Vorstellung von dieser „Urheimat im Geiste” sein mag, wie verschieden der Weg, der beschritten werden soll.
Allen Religionen gemeinsam ist die Erkenntnis, daß diese Urheimat im Geiste nicht den gleichen Zustand aufweist, in dem sich der Mensch hier auf der Erde findet, und daß dieser nun wieder neue Zustand nur erreicht werden könne durch irgendwelche Veredelung des Tuns, durch Unterordnung niederer Impulse unter die höheren und höchsten, die im Menschen gefunden werden.
In fast allen Religionen ist die Vorstellung einer individualisierten Selbst Darstellung des ewigen Urlichtes als Spur einer tiefen Wirklichkeitserkenntnis zu finden. Nur im Taoismus, dem Shintoismus und im Glauben der südlichen Buddhisten, der „Hînayâna”-Schule, findet sich diese Erkenntnis nicht, aber es ist dennoch irrig, diese Religionen schlechthin „atheistisch” zu nennen, nur weil ihre Vorstellungen vom Göttlichen sich nicht über das ungeformte Meer göttlichen Seinsgrundes zu erheben wissen.
Der Buddhismus des Nordens, die Schule des „Mahâyâna”, der „großen Überfahrt” im Gegensatz zur „kleinen Überfahrt”, dem „Hînayâna”, zeigt dagegen die Vorstellung einer individualisierten Selbstdarstellung des ewigen Urlichtes in reinster Ausprägung in seinem himmlischen Ur-Buddha, „Adibuddha”, auch wenn die einzelnen Lehrmeinungen die Reinheit dieser Vorstellung sehr verwischen. Es ist möglich, daß diese Vorstellung gnostischen Ursprungs ist, und erst in recht später Zeit über Persien und Turkestan nach Nepal und Tibet gelangte, um von da aus ihre weitere Ausbreitung zu finden.
Gnostischer Erkenntnis entstammt der „Logos”-Begriff. Hier aber, in dem „Wort”, das aus Gott ist, und Gott ist, steht nichts anderes vor uns, als die Selbstaussprache des ewigen, unfaßbaren Urlichts in einer individualisierten geistigen Gestaltung, und diese Erkenntnis geistiger Wirklichkeit gelangte in die Lehre des Christentums, wo sie völlig der durchaus anders gearteten „Gottessohnschaft” des Meisters von Nazareth vermischt wurde, so daß der „Gesalbte”, der Christos der Evangelien, nun schon seit fast zweitausend Jahren als: „menschgewordener” Logos aufgefaßt und angebetet wird.
Im Grunde zeigt aber die gnostisch-alexandrinische Logos-Lehre nur in aller Klarheit die Erkenntnis einer Wirklichkeit, die allen — wie man zu sagen pflegt: „persönlichen” Gottesvorstellungen ihre volle Berechtigung gibt, — — vorausgesetzt, daß sie nicht in anthropomorphe Ungeistigkeit ausarten, die dann dazu führt, einen „persönlichen Gott” über den Wolken zu erträumen, der nichts weiter ist, als ein mit göttlichen Machtvollkommenheiten ausgestatteter „irdisch-allzuirdischer” Potentat.
Landläufige christliche Gottesauffassung ist leider nicht allzuweit entfernt von solcher Vorstellung.
Es gibt dann nur zwiefache Möglichkeit für den Menschen, diesem himmlischen „König” zu nahen.
Entweder man fürchtet, sein Ohr nicht zu finden, wenn man persönlich, ohne Fürsprache, vor ihn treten wolle, und sieht sich so nun in guter, alter, höfischer Art nach geistigen Vermittlern der Beziehung um, oder — man verschmäht in stolzer Selbsteinschätzung jede Vermittlung, und glaubt sich berechtigt, allein und ohne „Fürsprech” die Beziehung anzuknüpfen.
Beiden Auffassungen eignet eine unsäglich enge, irdisch gebundene Vorstellung göttlichen Wesens, — auch wenn man glaubt, seinen Gott in durchaus „vergeistigter” Weise zu empfinden.
Was so empfunden wird: — der „Gott”, mit dem man auf eine dieser beiden Arten in Beziehung treten zu können glaubt, ist stets ein erträumter Gott!
Wie kleinräumig und dabei: wie überheblich und vermessen ist doch eine Vorstellung vom ewigen Ursprung allen Seins, die es fertigbringt, die Gunst ihres Gottes durch Fürsprache erlangen zu wollen, oder aber dazu verleiten kann, direkte Zwiesprache mit dem Urlicht zu suchen, ohne zu bedenken, daß dieses Urlicht, wie nicht minder seine ewige Selbstaussprache in individualisierter Form, so alle menschliche Fassungskraft übersteigt, wie die größte der Feuersonnen des physischen Weltalls ein glimmendes Fünklein im Herdfeuer überstrahlt!
Wäre nicht vom ewigen, allesumfassenden Geiste aus dem Urlicht allen Seins ein gangbarer Weg bereitet, dann könnte wahrlich kein Menschengeist jemals zu seinem ewigen Ursprung zurückgelangen.
Dieser „Weg” ist aber der gleiche, den der Geistesmensch einstmals durchlaufen hat, bevor er sich dem Menschentiere der Erde einte.
Unbeschreitbar wäre er dem Menschen dieser Erde, wenn einst alle Geistesmenschen gemeinsam „gefallen” wären.
So aber ist es immer nur eine geringe Zahl, die diesem „Falle” erliegt, auch wenn es sich um Myriaden handelt, die nun im Laufe der Jahrtausende, auf diesem und anderen Planeten, das Leben des Tieres teilen müssen zu ihrer Zeit.
Einige aber, die nicht in des Tieres körperliche Erscheinung fielen, leben seit Urzeittagen, von göttlicher Liebe und Erbarmen durchglüht, freiwillig in unsichtbarer Gestaltung hier auf dieser Erde, um den gefallenen Brüdern den Weg zurück zum Urlicht offen zu halten, geleitet von einem der urgezeugten Geistesmenschen der Urwelt des reinen Geistes, der niemals seinen Urort im „Worte” das da „Gott” ist, verließ.
Diese Wenigen wußten schon seit unvordenklichen Zeiten, Menschengeister, noch ehe sie im Menschentiere geboren werden mußten, so zu bereiten, daß sie, einmal geboren, jenen Zustand erreichen konnten, der für den Menschengeist die Brücke bildet, auf der er hinüberzuschreiten vermag zu den ersten Landzungen jener seligen Überwelt des Geistes, aus der er selbst sich durch seinen Fall einst verbannte.
Die so Bereiteten unter den Menschen dieser Erde, sind hier durch das Ewige, das in ihnen sich selbst offenbart, die „Leuchtenden des Urlichtes” geworden, jene Wenigen, die man, um einen nun einmal vorhandenen Ausdruck zu gebrauchen, auch: — die „älteren Brüder der Menschheit” nennen mag, — „älter”, weil sie schon vor tausenden von Jahren im Menschentiere der Erde geboren worden wären, hätten sie nicht aus freier Entschließung, obwohl auch sie zu jenen Geistesmenschen gehören, die dem Falle erlegen waren und sich nun dem Tiere einen mußten, ihren wenigen nichtgefallenen Brüdern, die hier in geistiger Gestaltung leben, sich dargeboten, um gleichsam zu menschlichen Sammellinsen der Strahlen des Urlichtes bereitet zu werden.
Diese Bereitung aber bedingte auch, daß sie schon seit Jahrtausenden ihren nichtgefallenen, in Erbarmen und Liebe bei den Menschen der Erde in geistiger Gestaltung verharrenden Brüdern, bei deren Erleuchtungs- und Erlösungswerk dienen mußten, und auf diese Weise schon gar lange vor ihrer Geburt im Tiere, auf dieser Erde helfend wirkten.
Nicht jedem aus ihnen ist auf dieser Erde, sobald er einmal im Tiermenschen in Erscheinung tritt, die gleiche Aufgabe gestellt.
Jeder aber ist seinem besonderen Rufe verpflichtet, und hört allein auf ihn, einerlei ob ihn dabei das Leben auf dieser Erde zu Ehre, Glanz und Reichtum führt, oder zu Armut, Niedrigkeit, Marter und Verachtung.
Entzieht er sich dem, was ihm das irdische Leben nun einmal bringen muß, so fällt er tiefer als er je gefallen war, und es macht keinen Unterschied, welchen Formen der Schicksalsgestaltung er sich entzog, — seien sie irdisch erfreulichster, oder unerfreulichster Natur — denn nie kann einer hier seinem Rufe, allen Anforderungen gemäß genügen, ohne der Art des Lebens zu entsprechen, die ihm in weiser Lenkung widerfährt, damit er dem Rufe folgen könne, der speziell an ihn erging.
Diese denkbar subtilste Vereinung im Geiste Lebendiger wirkt auf Erden mit einer Art „magnetischer”, äußerlich unwahrnehmbarer, rein geistiger Gewalt auf alle Menschengeister, die bereits des Aufstiegs fähig sind, und zieht sie empor in einen geistigen Zustand, der dem ihrer Glieder gleicht, doch mit dem einen Unterschied, daß ein also zum Erwachen gelangter Geistesmensch nur zum Weiterschreiten sich erhebt, und zu dem Hilfswerk, das die geistige Gemeinschaft der Leuchtenden ohne Unterlaß selbst vollbringt, weder verpflichtet noch befähigt ist, denn dieses bedingt, wie ich schon sagte, eine Vorbereitung von Jahrtausenden.
Ein so durch die unsichtbare Hilfe der geistgeordneten Helfer Erwachter aber wird nach dem Tode des Menschentieres, mit dem er auf Erden vereinigt lebte, allsogleich fähig werden, den nächsthöheren Geisteszustand zu erreichen, in dem jene Nichtgefallenen in geistiger Gestaltung leben, deren eigenstes Werk die Gemeinsamkeit im reinen Geiste darstellt, die hier auf Erden in tiermenschlicher Erscheinung lebt, — da sie ununterbrochen, im Irdischen wirkend, von ihnen geistige Impulse erhält, ohne die ein Erdenmensch niemals zum Offenbarer des in ihm sich offenbarenden Ewigen werden könnte.
Hier gibt es nun einige Wenige, die der Erde „gestorben” sind im Tiere, und die, sobald sie diesen höheren Zustand erreichten, gleich jenen Nichtgefallenen, aus Liebe und Erbarmen bei den Menschen der Erde unsichtbar verbleiben, das Hilfs- und Erlösungswerk jener Nichtgefallenen fördernd, soweit das durch eine Art Akkumulation des Willens möglich wird.
Fast alle aber, außer diesen Wenigen, die der Buddhismus des Nordens als „Boddhisatvas des Erbarmens”, die ältere christliche Kirche aber als ihre „Heiligen”, „Engel” und „Erzengel” kennt, — (auch die späteren „Vierzehn Nothelfer” gehören hierher!) — streben von diesem höheren Zustand des Geistes aus wieder weiter empor, und so durchläuft der Menschengeist in nicht mehr irdisch zu bemessenden Zeiten, allmählich jeden, stets höheren Zustand der Hierarchien des Geistes, bis er zu jener höchsten Urwesenheit im Geiste gelangt, — zur Selbstaussprache des Urlichts, — zum „Worte”, das „Gott” ist, zurück, um in ihm ewig vereint, sein höchstes individuelles Geistesmenschentum für alle Ewigkeiten zu finden, schon lange vorher mit seinem geistesmenschlichen erotischen Gegenpol vereint, als „Mann und Weib” im Geiste.
Auf solche Weise findet der einst „gefallene” Geistesmensch vom Tiere der Erde zurück in seine Urheimat im ewigen, reinen Geiste, in die „Welt” der Seligkeit und Klarheit die gänzlich andersartiges „Leben” kennt, als es auch in den geheimnisvollsten Regionen der Allnatur, zu der diese Erde gehört, zu finden ist!
Nicht „ferne” dieser physischen Allnatur ist die Welt des reinen Geistes, und das Meer der Seelenkräfte, dem der Menschengeist die Möglichkeit seiner individuellen Formung dankt! Dennoch klafft aber eine Kluft zwischen allem, was zu dieser physischen Allnatur gehört, und der Welt des reinen Geistes, die niemals überbrückbar wäre, hätten nicht jene Nichtgefallenen, die in geistiger Gestaltung bei den gefallenen Menschengeistern verblieben, seit Urzeittagen die einzige „Brücke” gebildet und erhalten, auf der die Rückkehr zum Leben im ewigen Geiste möglich ist.
Erst nach vollendeter Rückkehr, vereinigt mit dem „Worte” das „Gott” ist, schaut der Geistesmensch die Gottheit, wie sie ewig ist und wirkt „von Angesicht zu Angesicht”, aber nicht von außen her, sondern in sich selbst.
Erst dann „erkennt” er, wie auch er „erkannt wird”!
Aber schon am ersten Anfang dieses unermeßlichen Weges kann sein „lebendiger Gott” sich in ihm gebären, in menschlich empfindbarer Form.
Der „lebendige Gott” des erwachenden oder erwachten Menschen auf dieser Erde ist gleichsam ein unfaßbares Fünklein aus dem ewigen Strahlenlichte des „Wortes” das da „Gott” ist von Ewigkeit zu Ewigkeit, und das selbst das Urlicht in seiner Selbstaussprache als Urwort ist, — so wie es „gleichzeitig” sich selbst als ewige „Gottheit” erfaßt.
Um letzter Klarheit willen, sei hier der Vergleich erlaubt mit einer der Kräfte des physischen Universums, die der Mensch sich dienstbar zu machen wußte:
So wie elektrische Kraft ein haardünnes Fädchen zum Glühen und Leuchten bringen kann, wie aber der Strom der gleichen Kraft, der eine große Stadt versorgen soll, in seiner ganzen Stärke gebraucht, diesen Kohlenfaden im Augenblick vernichten würde, so würde auch das Fassungsvermögen des irdischen Menschen im Augenblick vernichtet sein, könnte es unbereitet dem Strahlenglanze des ewigen „Wortes” und damit dem Urlichte selber nahen, — während erdenmenschliche Fassungskraft es wohl vermag, jene unendlich zarte Durchströmung zu ertragen, die im Innersten des seelischen Innern jenen „Abglanz des Vaters”: — jenen leuchtenden Stern erzeugt, in dem ihm allein sein „lebendiger Gott” auf dieser Erde erfaßbar werden kann, will er des Erdgeborenen Bewußtsein nicht zerstören durch seines Glanzes Fülle.
Beschreitet dann der endlich Erwachte den einzigen Weg, der wirklich zurück in die Urheimat des Geistesmenschen führt, so leuchtet ihm dieser Stern voran und wird mit jedem errungenen höheren Zustand lichter und strahlenreicher, bis er zuletzt, im unnennbaren Glänze des ewigen „Wortes”: — im sich selbst gebärenden ewigen Urlicht, — sich mit ihm selber für alle Ewigkeiten eint.
Das ist, nach menschlichem Vermögen dargestellt, der Weg, der den Geistesmenschen nach seinem Falle wieder aufwärts führt!
Das ist, was es zu fassen gilt, will man den Weg zum wesenhaften Geiste, den einzigen gangbaren Weg für den Menschengeist, in seiner Wirklichkeit erkennen, den Weg, den im Grunde alle geistig befruchteten Religionen auf dieser Erde erahnen, und nach ihrer Weise finden lehren wollen.
Wer da etwa glaubt, daß er andere Wege zum Geiste zeigen könne, der betrügt sich selbst, — und wenn er auch aus bester Absicht handeln sollte, so führt er dennoch nur sich selbst und alle die ihm folgen, qualvoller seelischer Wirrsal zu, hier schon, und durch Aeonen nach dem Erdentode: — wenn nicht zu völliger Bewußtseinsauflösung, — zum ewigen „geistigen Tode”, von dem es kein Erstehen mehr gibt…
Unbeirrbar wirken die „Gesetze” des ewigen geistigen Reiches und keine Macht und Weisheit des Himmels und der Erde kann sie jemals beugen, denn nichts anderes findet in ihnen seinen Ausdruck, als der ewige Wille des Urlichtes selbst, dem alles was ist, entstrahlt.
Du siehst die Sternenheere der Nacht und du kannst nicht fassen, was sie erhält, und dennoch ist dieses ganze Weltenall mit seinen zahllosen Sonnensystemen nur das geringste Zeugnis einer Kraft und ihres eingewobenen Willens, einer Kraft, der auch du dein Dasein dankst, und deren höhere Offenbarung dir, bis in ihr ureigenstes Wesen, werden kann, wenn du den Weg, den Liebe und Erbarmen offenhalten, beschreiten magst!
„Kein Auge hat es gesehen, kein Ohr gehört, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben!” Nichts physisch Irdisches kann das Ewige erfassen!
Möchten dich meine Worte alles Göttliche lieben lehren!
Erst wenn du Göttliches, soweit du in der Betrachtung das vermagst, erkennst, wirst du es lieben! Sonst liebst du nur einen Fetisch, den du dir selbst geschaffen hast, in deiner Vorstellung.
Erst wenn du die aufwärts ziehende Kraft des Göttlichen meditierend in dir empfindest, wirst du auch die ewige Liebe in dir erkennen, durch die du alles, was zu deiner geistigen Rettung dient, vollbringen kannst!
Dann erst wirst du jene unvergleichliche Kraft, die alle Kräfte meistert, auch selbst gebrauchen lernen: — die Liebe, losgelöst von jedem Gegenstand der Liebe!
Diese göttlich lebendige, schwingende Urkraft aus der geistigen „Welt”, durch die allein das Leben des Menschen auf dieser Erde erlöst werden kann aus aller Gebundenheit!
Diese höchste Kraft, durch die du aus der Haftung dich befreien kannst, in der dich die unsichtbaren Gewalten der physischen Allnatur in der du lebst, gefangen halten, — sie, die tief unter dir stehen, und dennoch derzeit mächtiger sind als du, bevor dich die Liebe an sich zum unbesiegbaren Herrn deines Lebens macht!
Dann wirst du verstehen lernen, was das Wort besagen will:
„Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott in ihm!”