Das Buch der Gespräche:

Licht und Schatten

   In jenen Tagen fragte ich den hohen Meister, ob es wohl wirklich, wie man mir sagte, –  Menschen auf dieser Erde gäbe,  denen letztes Geheimnis kund und geistige Macht zu eigen sei, die aber von ihrer Macht nur zum Schaden der Menschheit Gebrauch zu machen wüssten? –

   Und der Verehrungswürdige sprach:

   «Wer aufgenommen wurde in die hohe Gemeinschaft der Leuchtenden, den verpflichtet das Gesetz, sich selbst und anderen als eine Sonne   des  unendlichen  Raumes  zu leuchten.

   Wollte er weiter bei anderen sein Licht zu borgen suchen, wie es dem Schüler noch  zustehen mag, so müsste er die hohen, schaffenden Kräfte,  die ihm übertragen wurden, unweigerlich verlieren…

   Für ihn, der ein ,sehendes  Auge der Welten’ wurde, darf es in keiner Weise mehr Verwirrung geben, denn er trägt eine Macht in sich, die von ihm Rechenschaft fordert, für jeden Augenblick, den er durchlebt. – – –

   Mit Königen und Bettlern  muss er sprechen lernen, als ob er jeweils ihresgleichen wäre, und er darf in jedem Menschen nur den Menschen sehen, muss Stand und Rang, Verdienst und Schuld, Krone und Bettelstab vergessen  können. – –

   Er wird vor keiner Macht der Menschen je betört verweilen, denn alle  Macht, die ihm begegnen kann, hat in sich selbst ihr Ende, jedoch die Macht, die er bewussten Willens trägt und der er dient, trotzdem er ihr befehlen darf und sie nach seinem Willen lenken muss, ist in sich selbst unendlich. – – –

   So sehr er  auch ans Erdenmenschliche sich selbst gebunden fühlen mag, so ist er doch in jedem Augenblick auch davon frei, denn seine Seele ist ,ein Reich der Ewigkeit’ geworden. –

   Nichts ausser ihm  selbst kann ihn jemals dieses Reiches Krone und Zepter verlieren lassen...

   Nur  er selbst kann sich verderben durch eigene Schuld!

   Doch, wenn er auch auf solche Weise ,fallen’ kann, so bleibt  er dennoch, auch  nach  dem Fall, verbunden jener Macht, der er zum Träger wurde...

   Er zählt dann  zu jenen Kräften der  Zerstörung,  die  im Meere physischen  Daseins so vonnöten sind, wie Sturm und innerer Aufruhr irdischem Meer. –

   Er  wird  zum  Feinde  dann, dort wo er Freund und  ,Bruder’ war, und die erhabene Gemeinschaft trauert um einen Stern, der sich aus eigenem  Willen hinab in  den  ewigen Abgrund  chaotischer  Auflösung fallen liess......

   In tiefster Finsternis, ohne die Kraft zur Erhebung, lebt er nur noch dem Vernichtungswillen, bis  er  einst selbst seinem  eigenen Willen erliegt, und so zerfällt in Tausende von Energieatomen, die des Lebens  Wanderung als freigewordene Kräftezentren dann aufs neue beginnen. –

 

   Die gleiche Macht wirkt in dem ,Leuchtenden’ und  in seinem Gegenpol, dem Herrn der  Finsternis, und  dieser  Herrscher des Abgrunds,  erfüllt  von Vernichtungswillen, besitzt nur seine Macht, weil er sie einst erhielt als – ,Leuchtender’ – – – – – – – – – – – – – –

   Durch seinen Fall  aus dem ,Leuchten’  ist er einer der ,Brüder des  Schattens’ geworden.

   Dies  ist die Wahrheit an  dem, was man dir erzählte, und auch in  den  Ländern  des Abendlandes gibt es unzählige Menschen, die nicht ahnen, dass sie  nur Marionetten dieser  grossen  Vernichter sind,  –  ganz deren grossem geistigen Einfluss hingegeben. –»